Am 23. August 2017 wurde die heute 46-jährige Nathalie L. zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der Vorwurf: ungetreue Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung und qualifizierte Veruntreuung. Sie hatte als Bankberaterin rund ein Dutzend Kunden geschädigt und ihnen mit verlustreichen Spekulationen einen Schaden von total rund 30 Millionen Franken beschert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Gegenüber der Staatsanwaltschaft und vor Gericht hatte die Frau zugegeben, dass sie teilweise Transaktionen ohne Wissen und Erlaubnis der Kunden getätigt hatte. Und dass sie ihnen gefälschte Konto- und Depotauszüge vorlegte, um die Verluste zu verbergen. Auch gegenüber ihren Vorgesetzten machte sie falsche Angaben. Und sie verschob Kundengelder auf Konten anderer Kunden, um dort Löcher zu stopfen. Nathalie L. war damals Direktionsmitglied bei der Zürcher Niederlassung der Genfer Bank Union Bancaire Privée (UBP). Sie stammt aus der Türkei. Ihre Opfer sind türkische Geschäftsleute, für die sie zuständig war.
Der Schaden entstand in den Jahren 2011 bis 2013, als die Frau mit den Kundengeldern unautorisierte Währungswetten auf das Verhältnis der türkischen Lira zum US-Dollar sowie der türkischen Lira zum Euro einging. Als die Lira 2013 konstant an Wert verlor, endeten die Optionsgeschäfte im Desaster. Statt die Spekulationen zu stoppen, ging sie noch mehr Risiken ein, um die Verluste wettzumachen. Die Strategie ging nicht auf.
In einem einzigen Kundendepot 5,5 Millionen Dollar vernichtet
Beispiel: Im März 2010 lagen im Depot eines türkischen Hoteliers 7,3 Millionen US-Dollar. Im Januar 2014 bescheinigte ihm die Beraterin einen Depotwert von 8,2 Millionen Dollar. Doch kurz darauf flogen ihre kriminellen Machenschaften auf, die Bank musste die Reissleine ziehen und sämtliche Verluste realisieren. Der Kunde hatte effektiv nur noch 1,8 Millionen Dollar im Depot.
Das Zürcher Handelsgericht sorgte beim UBP-Kunden für einen Hoffnungsschimmer. Am 4. Oktober 2017 entschied es, die Bank müsse dem Kunden den Schaden von 5,5 Millionen Dollar ersetzen. Für die Schadensberechnung nahm das Zürcher Gericht die Differenz zwischen Anfangsguthaben (7,3 Mio.) und Endzeitpunkt (1,8 Mio.).
Die Bank wehrte sich dagegen vor Bundesgericht und bekam Recht. Am 16. April 2018 wies das höchste Gericht die Klage des Opfers ab: Die Bank muss ihm keinen Cent ersetzen. Begründung: Das Zürcher Handelsgericht habe den Schaden falsch berechnet. Er sei nicht ausreichend nachgewiesen (Urteil 4A_586/2017).
Gemäss Bundesgericht hätte der Mann den Schaden für jedes einzelne Optionsgeschäft gesondert berechnen müssen. Das heisst: Für jede Transaktion hätte er plausibel darlegen müssen, wie sich sein Kontostand entwickelt hätte, wenn die Transaktion nicht getätigt worden wäre. Die Differenz zum effektiven (negativen) Resultat des betreffenden Optionsgeschäfts ergäbe dann den Teilschaden. «Bei den komplizierten Mechanismen des Optionsgeschäfts und der Vielzahl der Geschäfte ist das schier unmöglich», sagt ein Rechtsanwalt, der eines der Opfer vertritt.
Inzwischen sind weitere Opfer mit ihren Klagen gegen die UBP vor Zürcher Gerichten abgeblitzt, einige Fälle sind vor Bundesgericht hängig. K-Geld hat mit zwei dieser Opfer gesprochen. Sie sind vom Bankenplatz Schweiz schwer enttäuscht. Und ihr Vertrauen in die Schweizer Justiz ist nachhaltig erschüttert.