Wer Aktionär von Nestlé werden will, hat es leicht. Er muss keine Wahl treffen, da es an der Börse nur die Nestlé-Namenaktie zu kaufen gibt. Ganz anders bei den Obligationen: Rund 30 stehen mit unterschiedlichen Laufzeiten, Renditen und Währungen zur Auswahl.
Nestlé ist nur ein Beispiel. Die Auswahl an Obligationen, auch Anleihen oder Bonds genannt, ist riesig. Allein an der Schweizer Börse SIX werden über 5000 Titel gehandelt. Anleger können Obligationen aber auch auf ausländischen Börsenplätzen kaufen – oder bei Banken. Dabei haben Käufer die Wahl zwischen neu herausgegebenen und bereits laufenden Titeln. Im ersten Fall zeichnen sie eine Neuemission, im zweiten kaufen sie eine Obligation auf dem sogenannten Sekundärmarkt.
Neuemissionen: Anleger haben bestenfalls vier Wochen Zeit für den Kauf
Neuemissionen werden meist recht kurzfristig lanciert. Anleger müssen sich innert drei, vier Wochen entscheiden. Ein Extremfall sind Bundesobligationen. Die eidgenössische Finanzverwaltung gibt bloss einen Tag vor den Emissionen die Konditionen für neue Anleihen bekannt. Allgemein gilt bei Neuemissionen: Übersteigt die Nachfrage das Angebot, erhalten Anleger weniger Anteile als erwünscht. Während ihrer Laufzeit werden Obligationen an der Börse oder zwischen Banken gehandelt. Aber: Bei manchen Obligationen findet ein Handel nur selten und in kleinen Mengen statt. In diesen Fällen gibts auch nichts zu kaufen. Wenn die Nachfrage nach bestimmten Papieren grösser ist als das Angebot, kann es zu einer Preisbildung kommen, die mit der Qualität wenig zu tun hat.
Von den Printmedien informieren die «Neue Zürcher Zeitung» und die «Finanz und Wirtschaft» am ausführlichsten über Obligationen. Trotzdem zeigen sie nur einen kleinen Ausschnitt aus dem gesamten Markt.
Internetbanken: Tiefe Gebühren, aber keine Beratung
Deutlich mehr bietet die Website der Schweizer Börse SIX. Dort sind umfangreiche Angaben über alle bei der SIX gehandelten Titel zu finden. Es steht auch ein gut aufgebautes Online-Suchwerkzeug bereit, mit dem man Obligationen aufrufen kann – je nach gewünschter Laufzeit, Rendite und Bonität. Die SIX veröffentlicht auch eine Liste der bevorstehenden Zulassungen. Der SIX-Service ist kostenlos.
Und was bieten Banken jenen Kunden, die ihre Geldanlagen selber tätigen – eventuell in gelegentlichem Kontakt mit Kundenberatern? Der Service-Umfang unterscheidet sich von Bank zu Bank. Nützlich können sein:
- Beratung: Reine Internet-Banken wie Swissquote haben üblicherweise die tiefsten Gebühren, bei ihnen kann man aber keine Kundenberater konsultieren. Bei den normalen Banken – von Credit Suisse über Raiffeisen bis UBS – können sich Depotkunden beraten lassen – sogar gratis. Indirekt zahlen sie dafür aber doch: über höhere Depotgebühren und Courtagen beim Kauf und Verkauf der Wertschriften. Achtung: Hier lauern Interessenkonflikte. Die Banken schauen dabei in erster Linie auf die eigenen Interessen. Deshalb sollte man Infos und Einschätzungen aus verschiedenen Quellen holen und sich dann ein eigenes Bild machen.
- Berichte und Analysen: Sie kommentieren den Markt der Obligationen und das wirtschaftliche Umfeld. Der Obligationenkurs hängt stark von der Wirtschaftsentwicklung, den Zinsbewegungen und der Geldpolitik der Notenbanken ab. Berichte und Analysen erklären, wie sich das alles in den vergangenen Wochen und Monaten auf Renditen und Kurse ausgewirkt hat. Staats- und Unter-nehmensobligationen, gute und schlechte Schuldner sind davon oft unterschiedlich betroffen. Wer die Investitionsentscheide selber trifft, tut gut daran, sich über das Marktgeschehen auf dem Laufenden zu halten. Die Berichte sollte man immer kritisch lesen.
- Regelmässige Informationen über Neuemissionen: Wer an neuen Obligationen interessiert ist, möchte nicht nur wissen, welche Unternehmen oder Staaten Geld aufnehmen werden. Unerlässlich sind auch Angaben über Ausgabepreis, Laufzeit, Zinscoupon, Rendite auf Verfall und Zeichnungsfrist.
- Online-Suchwerkzeuge: Es ist heute einfach, seine Wertschriften über das Internet selbst zu verwalten. Für die Mehrzahl der Anleger genügt das für jedermann zugängliche Such-Tool der Schweizer Börse
(www.six-swiss-exchange.com/Marktdaten/Anleihen/Kurse). Einige Banken stellen ihren Kunden ein zusätzliches Suchwerkzeug zur Verfügung, das auch ausländische Börsen oder den ausserbörslichen Handel abdeckt.
Geld auf verschiedene Anlagen, Titel und Laufzeiten aufteilen
Ob Tipps von Kundenberatern, Berichte von Banken oder Medien – sie alle sind mit Vorsicht zu geniessen. Die Vergangenheit ist immer einfach zu erklären. Aber die verschiedenen Quellen geben in der Regel auch Prognosen ab. Soll man in nächster Zeit vorab auf erstklassige Titel setzen? Oder sind gar risikoreiche Hochzins-Anleihen und Schwellenländer-Bonds eine gute Wahl? Bei Prognosen muss man immer daran denken: Niemand kennt die Zukunft.
Wichtig ist: Man sollte die Wertschriften immer so verteilen, dass man nicht aus dem finanziellen Gleichgewicht gerät, falls die Erwartungen an einen oder mehrere Titel nicht erfüllt werden. Das heisst: Nicht alle Eier in den gleichen Korb legen, sondern das Geld auf verschiedene Anlagen, Titel und Laufzeiten aufteilen.
Und bei Obligationen kommt hinzu: Wer erstklassige Titel bis zum Ablauf behält und nur jedes Jahr die Zinsen kassiert, braucht sich um die Börsenkurse nicht zu kümmern. Was diese Obligationen während der Laufzeit auch immer für Sprünge machen – am Schluss wird der Nennwert zurückbezahlt – also 100 Prozent des Darlehens.
Obligationen: Das sollten Sie wissen
- Obligation: Ist ein in einem Wertpapier verbrieftes Darlehen. Die Laufzeit ist meist von Anfang an festgelegt. Der Zins ebenfalls. Der geliehene Betrag wird am Ende der Laufzeit zurückbezahlt, die Zinsen werden jährlich vergütet. Das Risiko des Anlegers besteht darin, dass die Zinszahlungen ausbleiben und die Anleihe am Schluss nicht mehr zurückbezahlt wird. Dieses Risiko ist bei Staatsanleihen klein. Deshalb sind ihre Zinsen vergleichsweise tief. Das Risiko spiegelt sich in der Regel im Zins: Je höher der Zins für eine Obligation, desto höher das Risiko für den Anleger.
- Nennwert: Dies ist der Betrag, den der Herausgeber der Obligation schuldet und am Ende der Laufzeit zurückzahlen muss.
- Ausgabepreis: Er wird in Prozent des Nennwerts ausgedrückt und ist in der Regel gleich hoch oder liegt nur minim höher bzw. tiefer als dieser.
- Zins: Jede Obligation enthält schon in ihrem Namen den Satz, mit dem sie verzinst wird. So handelt es sich bei «1.25 Eidg.» um eine Bundesobligation mit einer 1,25-prozentigen Verzinsung. Die meisten Anleihen kennen eine jährliche Zinszahlung. Oft wird statt von Zins auch von Coupon oder Zinscoupon gesprochen.
- Kurs: Obligationen muss man nicht bis zur Rückzahlung behalten, man kann sie vorher verkaufen.
- Die Börsenkurse zu den einzelnen Titeln geben den aktuellen Preis wieder. Er kann unter oder über dem Nennwert liegen – je nach Angebot und Nachfrage.
- Rating: Rating-Agenturen wie Standard & Poor’s und grössere Banken schätzen die Zahlungsfähigkeit der Schuldner ein. Ein Rating von AAA oder Aaa steht für erstklassig. Dann geht es runter bis zum tiefsten Ramschstatus, gekennzeichnet mit C oder D. Achtung: Auf Rating-Agenturen ist nur beschränkt Verlass. Man sollte immer mehrere Informationsquellen berücksichtigen.
- Rendite auf Verfall: Sie gibt die Rendite einer Obligation bis zum Ende ihrer Laufzeit an. Liegt der Kurs einer Obligation genau beim Nennwert, ist die Verfallsrendite gleich hoch wie ihr Zins.
- Gebühren: Bei Neuemissionen müssen Anleger – im Gegensatz zu bereits lancierten Obligationen – weder Stempel- noch Börsengebühren zahlen. Die Banken verlangen aber immer Courtagen (Kauf- und Verkaufsgebühren). Sie variieren von Bank zu Bank und sind auch unterschiedlich hoch – je nach Art der Obligation, Handelsvolumen oder Börsenplatz.