Ein Aargauer zahlte im Jahr 2008 den Betrag von 20000 Franken in seine Pensionskasse ein. Er zog die Summe in der Steuererklärung vom Einkommen ab. Ein Jahr später begann er, für sich und seine Ehefrau ein Haus zu bauen. Die Baukosten waren höher als erwartet. Im Februar 2010 liess sich der Aargauer deshalb 176000 Franken aus der Pensionskasse auszahlen. Das ist möglich, wenn man ein Haus baut oder kauft und selber darin wohnt.
Im Jahr 2015 wurden der Mann und seine Ehefrau für die Steuerperiode 2008 veranlagt. Das Gemeindesteueramt liess den Einkauf in die Pensionskasse nicht als Abzug zu. Grund: Der Aargauer hatte das Geld innerhalb von drei Jahren nach dem Einkauf wieder bezogen. In einem solchen Fall geht das Bundesgericht von einer missbräuchlichen Steuerumgehung aus. In der Folge musste der Aargauer die in seine Pensionskasse einbezahlten 20000 Franken als Einkommen versteuern. Einsprache, Rekurs und Beschwerde an das Aargauer Verwaltungsgericht blieben erfolglos. Auch das Bundesgericht hatte kein Gehör für das Argument des Aargauers, die dreijährige Kapitalbezugssperre dürfe nicht für den Fall gelten, dass man Vorsorgegeld für Wohneigentum beziehe. Die Bundesrichter entschieden: «Jede Kapitalauszahlung in der Dreijahresfrist ist missbräuchlich, und jede während dieser Zeit erfolgte Einzahlung ist vom Abzug in der Steuererklärung ausgeschlossen.» Es müsse nicht geprüft werden, ob damit eine Steuerumgehung beabsichtigt war (Urteil 2C_29/2017 vom 4. November 2019, bestätigt am 27. Januar 2022 im Urteil 2C_839/2021).
Laut Bundesgericht spielt der Grund für den Bezug des Vorsorgekapitals also keine Rolle. Die dreijährige Sperrfrist gilt somit auch für Barauszahlungen, wenn man sich selbständig macht, ins Ausland auswandert oder vorzeitig in Pension geht. Zudem gilt die Sperrfrist auch in folgenden Fällen, wie das Bundesgericht in den letzten sieben Jahren entschieden hat:
- Zwei Pensionskassen: Im Jahr 2009 zahlte ein Chefarzt im Kanton Schwyz 150000 Franken in seine Pensionskasse ein und zog den Betrag vom Einkommen ab. Zwei Jahre später bezog er sein Altersguthaben von 875000 Franken aus einer anderen Pensionskasse. Die Steuerverwaltung des Kantons Schwyz strich nachträglich den Steuerabzug. Das Bundesgericht schützte den Entscheid (Urteil 2C_488/2014 vom 15. Januar 2015).
- Kapital und Rente: 2008 zahlte ein Anwalt im Kanton Neuenburg 100000 Franken in seine Pensionskasse ein und zog den Betrag vom Einkommen ab. Ein Jahr später wurde er pensioniert. Er liess sich 537000 Franken als Kapital auszahlen, den Rest bezog er als jährliche Rente von 20400 Franken. Die Steuerverwaltung des Kantons Neuenburg verweigerte den Steuerabzug, ebenso das Bundesgericht (Urteil 2C_243/2013 vom 13. September 2013).
- Teilbezug Kapital: 2007 zahlte ein Mann im Kanton St. Gallen 200000 Franken in seine Pensionskasse ein und zog den Betrag vom Einkommen ab. Zwei Jahre später bezog er 190000 Franken als Teil seines Altersguthabens von total über 1 Million Franken. Das St. Galler Steueramt strich nachträglich den Steuerabzug und liess nur noch 10000 Franken zum Abzug zu. Das Bundesgericht schützte den Entscheid (Urteil 2C_231/2015 vom 3. Februar 2016).
- Einkauf nach Kapitalbezug: 2008 liess sich ein Mann aus dem Kanton Schwyz 910000 Franken aus seiner Pensionskasse auszahlen. Ende 2008 und Anfang 2009 zahlte er je 237000 Franken in eine andere Pensionskasse ein und zog die Beträge vom Einkommen ab. Das Steueramt des Kantons Schwyz verweigerte die Abzüge, ebenso das Bundesgericht (Urteil 2C_62/2017 vom 12. Juni 2017).
Wer sicher gehen will, sollte die Sperrfrist einhalten
Die dreijährige Sperrfrist gilt laut Bundesgericht dann nicht, wenn der Einkauf zum Finanzieren einer Überbrückungsrente dient (Urteil 2C_199/2020 vom 28. Dezember 2021) oder zur Deckung einer Lücke nach der Ehescheidung (Urteil 2C_895/2016 vom 14. Juni 2017). Doch auch hier ist unsicher, ob der Steuerpflichtige den Steuerabzug nicht wieder verliert. Denn die Steuerämter und das Bundesgericht prüfen im Einzelfall, ob unabhängig von der Sperrfrist doch eine Steuerumgehung vorliegt. Das zeigt der Fall eines Mannes aus dem Kanton Solothurn. 1999 wurde seine Ehe geschieden. Als Folge der Scheidung musste er seiner Ex-Frau im gleichen Jahr 163000 Franken aus seiner Pensionskasse überweisen. 2013 – also 14 Jahre später – zahlte der Solothurner 81500 Franken in seine Pensionskasse ein und zog den Betrag vom Einkommen ab. So hätte er Einkommenssteuern im Umfang von 25000 Franken sparen können. Im Mai 2015 liess er sich vorzeitig pensionieren und bezog sein Vorsorgekapital von 1,2 Millionen Franken. Die Steuerverwaltung des Kantons Solothurn verweigerte den Steuerabzug. Das Bundesgericht schützte den Entscheid, weil der Einkauf missbräuchlich erfolgt sei und nur die Steuerumgehung bezweckt habe (Urteil 142 II 399 vom 18. Juli 2016).
Tipp: Wer den Steuerabzug nicht verlieren möchte, sollte sein Alterskapital in jedem Fall erst drei Jahre nach dem Einkauf beziehen.