Wie immer vor Weihnachten erhielt Bäcker Lukas Fritz dieses Jahr vom Harmonika-Club Elsau ZH einen grösseren Auftrag: Der Verein bestellte 30 Nussstollen und Birnenweggen für zwei Auftritte mit Tombola in der Mehrzweckhalle. Der 49-jährige Fritz schiebt das Hefeteiggebäck an diesem Morgen im November nach Ladenschluss um 10.30 Uhr in den Ofen.
Fritz’ Laden in Dickbuch ZH ist jeweils von 6.15 bis 10.30 Uhr geöffnet. In Dickbuch gibt es lediglich 300 Einwohner. Den Laden länger offen zu halten, würde sich für Fritz nicht lohnen. Er sagt: «Wir haben hier nur etwa acht bis zehn Kunden täglich.»
Lukas Fritz betreibt die Bäckerei mit seiner 48-jährigen Frau Malgorzata in dritter Generation. Seit 18 Jahren ist er der Chef, zuvor arbeitete er sechs Jahre lang als Angestellter seines Vaters. Bereits als Kind half er ihm, Brot und anderes Gebäck in die umliegenden Weiler und Höfe auszuliefern.
Vor 15 Jahren gab der letzte Bäcker im weit grösseren Elgg ZH sein Geschäft auf. Lukas und Malgorzata Fritz sahen darin eine Chance. Sie mieteten ein ehemaliges Käselädeli und bauten es zur Bäckerei um. Während des Umbaus verkauften sie Backwaren aus einem mobilen Verkaufsstand. Fritz sagt: «Die Leute sollten sich nicht daran gewöhnen, dass es keinen Beck mehr im Dorf hat.»
Seither produzieren sie in Dickbuch mit einem angestellten Bäcker auch für die Filiale in Elgg, in der eine Verkäuferin den Laden führt. Zwei Nachmittage und am Samstag arbeitet Malgorzata Fritz im Laden mit, und bei Bedarf hilft Lukas’ Mutter aus, die auch die meisten Büroarbeiten erledigt.
In Elgg gibt es eine Migros, einen Coop, einen Denner und einen Volg. Alle verkaufen Backwaren. Fritz’ Bäckerei kann sich trotzdem halten – dank ihrer Lage im Dorfkern. Die Läden der Grossverteiler liegen an den Hauptstrassen. Lukas Fritz sagt: «Wir sind zufrieden, wie es läuft.» Die Kunden schätzen es, dass die Bäckerei Fritz anders als die Grossverteiler noch sämtliche Produkte in Handarbeit herstellt.
Jeweils am Mittwochnachmittag fährt Lukas Fritz mit seinem Verkaufswagen nach Winterthur ZH an den Wochenmarkt. Und vier Mal wöchentlich macht er Brottouren in umliegende Dörfer und Weiler. Er fährt von Haus zu Haus, hupt und verkauft seine Ware. Wer nicht zu Hause ist, legt das Geld in den Briefkasten. «Man kennt sich», sagt Fritz. Für die Lieferung verlangt er nichts. Die Bäckerei beliefert auch einige grössere Stammkunden: drei Restaurants, ein Pflegeheim, das Pestalozzihaus in Räterschen und den Yamagishihof in Hagenbuch für dessen eigene Markttouren.
Lukas Fritz arbeitet sechs Tage pro Woche, jeweils neun bis zehn Stunden. Unter der Woche beginnt sein Arbeitstag um 2.15 Uhr, samstags bereits um 0.30 Uhr. Malgorzata steht ab 4 Uhr in der Backstube. Letztes Jahr halfen ihnen zwei zusätzliche Bäcker mit insgesamt 160 Stellenprozenten. Da mussten sie selbst deutlich weniger anpacken. Fritz sagt: «Wir suchen einen gelernten Bäcker-Konditor. Aber auch wir spüren den Fachkräftemangel.»
Insgesamt verkaufte das Ehepaar Fritz im letzten Jahr Brot und Gebäck für rund 730'000 Franken – davon etwa für 320'000 Franken im Laden in Elgg, 140'000 Franken brachten die Touren ein, 200'000 Franken die Lieferungen an grössere Kunden und Feste, den Rest der Laden in Dickbuch und der Wochenmarkt in Winterthur.
Die Kosten der Bäckerei betrugen im Jahr 2023 rund 610'000 Franken. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 120'000 Franken. «Zum Glück waren keine grösseren Investitionen notwendig», sagt Fritz. Dieses Jahr sind die Lohnkosten tiefer, aber auch der Umsatz dürfte im laufenden Jahr sinken.
Lukas und Malgorzata Fritz zahlen regelmässig in die dritte Säule ein, Lukas Fritz als Selbständiger zudem in eine Pensionskasse. Die fünfköpfige Familie kann laut Lukas Fritz «gut, aber nicht überbordend» von der Bäckerei leben.