Am 20. März 2018 fuhr die Raiffeisenbank Zihlschlacht-Muolen-Bischofszell TG grobes Geschütz auf. Sie forderte ihren Kunden Ernst Bösch aus Cevio TI auf, ihre Restforderung für eine vor Ablauf gekündigte Hypothek bis am 31. März zu zahlen. Ansonsten werde ihn die Bank betreiben.
Am 22. Mai kam der Rückzieher. Nachdem sich ein Anwalt im Auftrag von K-Geld eingeschaltet hatte, verzichtete Raiffeisen «aus Kulanz» auf den offenen Betrag. Aufgrund der «langjährigen Kundenbeziehung» seien «rechtliche Massnahmen» nicht angemessen.
Ernst Bösch hatte bei der Raiffeisenbank Zihlschlacht-Muolen-Bischofszell eine Liborhypothek über 350000 Franken mit einer festen Laufzeit von drei Jahren. Sie endet am 1. Juli 2019 und kostet fix 0,9 Prozent pro Jahr. Doch Ende 2017 musste Bösch sein bisheriges Wohnhaus in Trin Mulin GR überraschend verkaufen und die Hypothek vorzeitig kündigen. Deshalb musste er der Bank eine Ausstiegsprämie zahlen. Die Banken nennen das die Vorfälligkeitsentschädigung.
In der Regel verlangen die Banken den ganzen Zinsausfall bis zum Ende der Laufzeit. Im Fall Bösch ergibt das bei einer Restlaufzeit von 551 Tagen 4821 Franken. Denn die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung hängt gemäss den üblichen Vertragsbedingungen vom Zins ab, zu dem die Bank die zurückbezahlte Summe anlegen kann. So steht es auch in Böschs Kleingedrucktem. Weil die Zinsen nahe Null liegen, müssen Ausstiegswillige zurzeit meist den ganzen Zinsausfall zahlen.
Rechtlich unhaltbar: Forderung, die höher ist, als im Vertrag steht
Doch die Bank wollte 6428 Franken. Sie verwies dabei auf ihre «Preisliste». Dort steht, bei Liborhypotheken betrage die Vorfälligkeitsentschädigung fix 0,1 Prozent pro Monat. So kam sie auf einen Jahreszins von 1,2 Prozent für die ganze Restlaufzeit. Somit hätte Bösch trotz vorzeitiger Rückzahlung der Hypothek mehr zahlen müssen, als wenn der Vertrag bis zum Ende der Laufzeit gelaufen wäre. Eine Forderung, die mehr als die Erfüllung des Vertrags verlangt, ist rechtlich unhaltbar.
Dazu kommt: Die von der Bank genannte Preisliste ist nie Vertragsbestandteil geworden. Die Bank sagt, die Liste werde laufend angepasst und die Änderungen würden im Internet publiziert. Doch das reicht nicht. Wichtige Vertragsänderungen müssen dem Kunden rechtsgenüglich mitgeteilt werden, zum Beispiel mit einem Brief. Geschieht dies nicht, läuft der Vertrag weiter wie bisher (siehe K-Geld 3/2018). Das hat inzwischen auch die Bank eingesehen und gibt sich mit den 4821 Franken zufrieden.
Dazu zwei wichtige Tipps:
Änderungen an Ihrem Vertrag, über die Sie nicht persönlich informiert wurden, gelten für Sie nicht. Das betrifft insbesondere neu eingeführte oder erhöhte Gebühren wie beispielsweise Auflösungsgebühren.
Wehren Sie sich, wenn die Bank für die Vorfälligkeit mehr verlangt als den effektiven Zinsausfall.