Die Raiffeisenbank Appenzeller Hinterland mit Sitz in Herisau AR offerierte am 1. November eine Festhypothek mit 10-jähriger Laufzeit zu 1,65 Prozent (Richtzins). Die gleiche Hypothek hätte bei der Raiffeisenbank Winterthur ZH 2,02 Prozent gekostet. Das geht ins Geld: Bei einer Hypothekarsumme von einer halben Million Franken etwa spart ein Wohneigentümer bei der Raiffeisenbank Appenzeller Hinterland gegenüber dem Angebot in Winterthur innert zehn Jahren 18'500 Franken an Zinsen.
Bis vor kurzem wäre ein potenzieller Neukunde aus der Region Winterthur in Herisau abgewiesen worden. Denn in den früheren Statuten setzten die Raiffeisenbanken voraus, dass ihre Mitglieder ihren Wohnsitz, ihren Geschäftssitz oder den Grundbesitz im Geschäftskreis der jeweiligen Bank haben. Mit den vor kurzem erneuerten Statuten können Interessierte nun bei jeder der 218 Raiffeisenbanken in der Schweiz Genossenschafter werden. Nur wer Mitglied ist, erhält Darlehen und Kredite. Für alle übrigen Bankdienstleistungen ist eine Mitgliedschaft nicht erforderlich.
Grosse Unterschiede bei den Sparzinsen
Die Zentrale von Raiffeisen Schweiz in St. Gallen gibt an ihre Mitgliederbanken Empfehlungen für die Höhe der Zinsen und Gebühren heraus. Die einzelnen Banken sind frei, ob sie diese Empfehlungen übernehmen wollen. Ein grosser Teil weicht davon ab. Das zeigt ein Vergleich von K-Geld bei zwölf Raiffeisenbanken in der Deutschschweiz zur Höhe der Hypothekarzinsen sowie zu den Gebühren für Privatkonten und zur Verzinsung von Sparkonten.
Beispiel Mitgliedersparkonto: Die Raiffeisenbank Engiadina Val Müstair GR zahlt 1 Prozent Zins – so viel wie keine andere Raiffeisenbank. Andere Kassen, etwa in Aadorf TG, Bern, Winterthur und Zug, halten sich an die Empfehlung von Raiffeisen Schweiz und zahlen Kunden bloss die Hälfte: 0,5 Prozent.
Knausrig zeigt sich die Bank im Engadin hingegen bei den Jugendsparkonten. Dort unterläuft sie mit 0,3 Prozent Zins die Empfehlung der Zentrale (0,85 Prozent) deutlich. Eine bessere Adresse für Jugendliche ist die Raiffeisenbank Sensetal FR: Diese bietet für ein Jugendsparkonto 1,4 Prozent Zins.
Mit 0,7 Prozent steht die Bank im Sensetal auch bei der Verzinsung von Mieterkautionskonten an der Spitze. Gar keinen Zins erhalten Mieter bei den Raiffeisenbanken Regio Muttenz BL und Zug. Dafür übertrumpfen die Zuger bei den Zinsen für Kassenobligationen alle anderen Banken im Vergleich
Für eine Hypothek mehrere Offerten einholen
Nur ein Teil der Raiffeisenbanken publiziert ihre Richtzinsen für Hypotheken. Die Unterschiede zeigen aber, dass es sich lohnt, bei mehreren Banken Offerten zu verlangen. Das gilt nicht nur für Festhypotheken. Auch bei den Margen für Geldmarkthypotheken gibt es Abweichungen. So begnügt sich die Raiffeisenbank Aadorf TG bei ei-ner dreijährigen Saron-Hypothek mit einer Marge von 0,8 Prozent – die Empfehlung von Raiffeisen Schweiz lautet auf 1 Prozent.
Die Raiffeisen-Zentrale legt nur wenige Konditionen für alle 218 Kassen fest. So sind die Zinsen bei Vorsorge- und Freizügigkeitskonten landesweit identisch. Auch bei den Courtagen für Wertschriften gibt es keine Unterschiede. Und bei den Depotgebühren sind die Abweichungen zwischen den einzelnen Kassen nur gering.
Wer Mitglied einer Raiffeisenbank werden will, muss mindestens einen Genossenschaftsanteilschein zeichnen. Dessen Nennwert beträgt mindestens 200 und höchstens 500 Franken. Je nach Bank ist es möglich, mehrere Scheine zu zeichnen – bis maximal 20'000 Franken. Mitglieder zahlen keine Kontoführungsgebühren fürs Privatkonto und profitieren von einem höheren Zinssatz beim Sparkonto. Attraktiv ist die Verzinsung der Anteilscheine, die gemäss Empfehlung von Raiffeisen Schweiz bis zu 6 Prozent betragen kann. Der Zins wird von der Generalversammlung jährlich neu festgelegt – rückwirkend für das vergangene Jahr.
Anteilscheine: Investiertes Geld ist blockiert
Laut Raiffeisen Schweiz kann man bei mehreren Banken Mitglied werden. Käufer eines Anteilscheins werden Genossenschafter einer regionalen Bank. Kommt diese in eine finanzielle Krise, ist es nicht sicher, ob die Beteiligung zurückbezahlt wird. Laut Raiffeisen kam das in den letzten Jahrzehnten nie vor.
Zu beachten ist auch: Das in den Anteilscheinen investierte Geld ist blockiert. Die Papiere haben eine unbeschränkte Laufzeit. Anders als Aktien eines Unternehmens kann man die Anteilscheine nicht einfach verkaufen. Sie sind nicht übertragbar. Eine Rückzahlung ist nur im Todesfall, beim Austritt aus der Genossenschaft oder bei einem Ausschluss vorgesehen.