Bei Beschwerden zu Konten, Hypotheken, Debit- und Kreditkarten oder Finanzanlagen können Bankkunden seit dem Jahr 1993 an den Bankenombudsman gelangen. Dieser vermittelt zwischen Kunde und Bank. Er hört sich die Argumente beider Parteien an und versucht, Streitigkeiten durch eine einvernehmliche Lösung beizulegen. Das muss keine rechtliche Beurteilung sein. Verbindliche Anweisungen kann der Ombudsman nicht geben. Er schlägt lediglich Lösungen vor und spricht Empfehlungen aus.
Neues Gesetz führte zur Gründung vieler Ombudsstellen
Der Bankenombudsman wird vom zugehörigen Stiftungsrat bestimmt, dem Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Konsumentenschutz angehören. Er ist nur zuständig für die rund 300 Banken, die Mitglied der Schweizerischen Bankiervereinigung sind. Diese finanzieren den Bankenombudsman.
Seit Anfang Jahr müssen auch zahlreiche in- und ausländische Vermögensverwalter und -berater sowie Fondsgesellschaften, Finanzplaner und in der Schweiz tätige Krypto-Unternehmen einer Ombudsstelle angeschlossen sein. So schreibt es das neue Finanzdienstleistungsgesetz vor. Das hat zu einer Flut von Ombudsstellen-Gründungen geführt: Zurzeit gibt es neben dem Ombudsman der Bankiervereinigung acht weitere Schlichtungsstellen (siehe Tabelle im PDF).
Die Kunden können nicht wählen, an welche Ombudsstelle sie sich mit einer Beschwerde wenden wollen. Sie müssen bei derjenigen Stelle reklamieren, der ihr Finanzdienstleister angeschlossen ist. Wer zuständig ist, müssen die Finanzdienstleister den Kunden zu Beginn der Geschäftsbeziehung sowie auf Nachfrage mitteilen.
Das Gesetz schreibt vor, dass ein Schlichtungsverfahren vor einer Ombudsstelle für die Kunden «kostengünstig oder kostenlos» sein muss. Kostenlos sind heute nur der Bankenombudsman sowie die drei neuen Ombudsstellen Finos, Finsom und Terraxis. Anders sieht es bei den übrigen fünf neuen Schlichtungsstellen aus: Beim Verein Ombudsstelle Finanzdienstleister (OFD) ist nur die Sichtung des Falles gratis. Will der Kunde eine Vermittlung, muss er 150 bis 200 Franken zahlen. Bei einigen Einrichtungen werden schon bei der Einreichung eines Falles Gebühren fällig – und zwar zwischen 50 und 400 Franken. Das dürfte viele Kunden davon abhalten, die Ombudsstelle zu nutzen.
Dem widerspricht Pierre Kobel von Ombud Finanzen Schweiz (OFS), wo die Gebühr 400 Franken beträgt: «Wir glauben nicht, dass dieser Betrag abschrecken wird.» Das sei höchstens bei einigen leichtfertigen Anfragen der Fall. Er rechtfertigt die hohe Gebühr damit, dass Kunden der Finanzbranche meistens «über erhebliche finanzielle Mittel» verfügen.
Eine grosse Hilfe dürften die neuen Ombudsstellen für die Kunden nicht sein. Denn die Werkzeuge der neuen Einrichtungen sind ebenso stumpf wie jene des Bankenombudsman. Die Stellen können lediglich vermitteln, Empfehlungen aussprechen und allenfalls eine rechtliche Einschätzung abgeben. Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse haben sie keine. Sie sind also kein Ersatz für den Gerichtsweg. Das zeigen auch bisherige Zahlen des Ombudsman der Banken: Im Jahr 2019 kam es 188 Mal zu einer Vermittlung – bei total 2013 abgeschlossenen Fällen. In 118 von 188 Fällen lautete die Empfehlung, dass die Bank dem Kunden entgegenkommen solle.
Schlichtungsstellen sind von den Finanzunternehmen abhängig
Zweifel sind zudem bei der Unabhängigkeit und der Neutralität der neuen Ombudsstellen angebracht. Denn sie sind direkt abhängig von den ihnen angeschlossenen Unternehmen. Sie finanzieren sich zum grössten Teil über deren Anschluss- und Jahresgebühren sowie über deren Stundenhonorare für durchgeführte Schlichtungsverfahren. Auffällig ist auch die Branchennähe mancher Stellen: Hinter dem Verein OFD etwa stehen drei Verbandsorganisationen für Finanzplaner. Und die Stiftung OFS wird vom Verband Schweizerischer Vermögensverwalter als «Partner-Ombudsstelle» bezeichnet.