Bankenkrise, Schuldenkrise, Frankenschock – die jüngere Vergangenheit war für Aktien kein ideales Umfeld. Trotzdem konnten sich Anlegerinnen und Anleger nicht über den Schweizer Aktienmarkt beklagen. Die an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen realisierten in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt eine Wertsteigerung von 37 Prozent. Das sind rund 3 Prozent pro Jahr – Dividenden mitgerechnet, die Kosten für Anleger allerdings nicht.
Nur Nestlé & Co. im Portefeuille ist alles andere als ideal
Der Schweizer Aktienmarkt wird von den Standardwerten dominiert. Im Prinzip sind das die im Börsenindex SMI enthaltenen 20 Titel. Wobei allein Nestlé, Novartis und Roche auf die Hälfte des ganzen Kuchens kommen. Für Anleger, die bloss Schweizer Standardwerte im Depot haben, ist eine solche Konzentration alles andere als ideal – egal, ob sie diese nun über Fonds oder als Einzeltitel halten.
Zu einer vielfältigeren Zusammensetzung des Aktienportefeuilles tragen ausländische Aktien bei. Aber auch Schweizer Nebenwerte – im Fachjargon Small und Mid Caps – sorgen für eine breitere Streuung.
Nebenwerte beizumischen kann sich auch aus einem anderen Grund lohnen. Studien über diverse Aktienmärkte weltweit haben gezeigt: Nebenwerte erzielen langfristig eine höhere Rendite als die grossen Gesellschaften. Sie unterliegen aber auch stärkeren Wertschwankungen.
Der Schweizer Aktienmarkt hat sich bisher an dieses Schema gehalten. Das zeigt sich am Index SPI Extra. Er bildet die Gesamtrendite von fast 200 kleineren und mittleren Unternehmen ab. Seit der Lancierung des Indexfonds im April 2004 resultierte bis Ende April 2016 ein Plus von 193 Prozent (siehe Grafik). Anders gesagtt: Aus einem Investment von 100 Franken wurden in diesen 12 Jahren 293 Franken. Die 20 grossen SMI-Unternehmen kamen im gleichen Zeitraum auf 197 Franken – in beiden Fällen einschliesslich Dividenden.
Die Grafik zeigt aber auch, dass die Nebenwerte viel ausgeprägter schwankten. In Boom-Zeiten legten sie massiv zu, in den Jahren 2008 (Finanzkrise) und 2011 (Eurokrise) litten sie dafür stark. Marc Hänni, Leiter Schweizer Aktien bei der Bank Vontobel, erklärt: «Unter den Nebenwerten hat es deutlich mehr Vertreter aus zyklischen Sektoren, etwa der Maschinenindustrie. Diese Unternehmen sind viel stärker von den globalen Konjunkturschwankungen abhängig als Schwergewichte wie Nestlé oder Roche. Denn diese Unternehmen sind aus den konjunkturresistenten Branchen Nahrungsmittelindustrie und Gesundheitswesen.»
Nach den Kurssteigerungen in den letzten Jahren sind die Nebenwerte nicht mehr günstig, ein starker Rückschlag würde nicht überraschen. Marc Hänni stellt aber fest: «Über einen längeren Zeitraum haben sich die Gewinne der Schweizer Small und Mid Caps jeweils deutlich besser entwickelt als die der Grossen.» Falls dies auch in Zukunft zutrifft, bleiben die Nebenwerte langfristig eine attraktive Beimischung im Aktienportefeuille.
Wer in Schweizer Nebenwerte investieren möchte, tut dies am besten mit Fonds. Zur Wahl stehen einerseits zwei Indexfonds: iShares ETF SMIM und UBS ETF SMIM. Sie decken nur mittelgrosse Unternehmen ab. Trotzdem stellen sie eine gute Ergänzung zu den Standardwerten dar. Andere Indexfonds für Schweizer Nebenwerte stehen privaten Anlegern nicht zur Verfügung.
Andererseits gibt es eine Reihe aktiv gemanagter Fonds. Sie decken das ganze Segment ab – also mittlere und kleinere Firmen. Einige der Fonds haben in den letzten fünf bzw. zehn Jahren eine Rendite weit über dem Durchschnitt aller Nebenwerte erzielt. In der Tabelle im Anhang belegt der AMG Substanzwerte Schweiz mit einer 10-Jahres-Rendite von 9,4 Prozent pro Jahr, den Spitzenplatz.
Erhard Lee hat den AMG-Fonds 2004 aufgelegt. Er begann seine Karriere einst im hektischen Handel am Börsenring, heute will er «ruhig schlafen» können. Er sucht sich unterbewertete Unternehmen aus, wobei ihm Kennzahlen wie etwa ein tiefes Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) allein nicht genügen. Ein tiefes KGV sagt aus, dass der Aktienkurs im Verhältnis zum Gewinn des Unternehmens günstig ist.
Aktiv gemanagte Fonds: Ab und zu überprüfen – und eventuell ersetzen
Wichtig sind Lee ebenso eine hohe Kontinuität im Management, ein langjähriger Erfolgsausweis, Vertrauen und Verlässlichkeit. «Nach so manchem sehr gutem Jahr», sagt Erhard Lee, «sind auch schwierigere einzukalkulieren. Insbesondere steigende Zinsen sind Gift für die Börse. Allerdings nimmt die Bewertung des Gesamtmarktes schon ein Zinsniveau von 3 Prozent vorweg.»
Erwiesen ist: Es gelingt nur wenigen aktiv geführten Fonds, den Gesamtmarkt über eine längere Zeit zu schlagen. Doch bei Nebenwerten fällt dies den Fondsmanagern leichter. Diese kleinen und mittleren Firmen und ihre Geschäftsmodelle sind einfacher und überschaubarer, die Analysen deshalb treffsicherer.
Wer einen aktiven Fonds mit gutem Leistungsausweis kauft, sollte ihn trotzdem ab und zu überprüfen. Und ihn ersetzen, falls er nachlässt und längere Zeit eine schwache Leistung zeigt.