Der 30-jährige Andreas Gabler (Name geändert) meldete sich 2014 zur «Vermögensberater-Grundausbildung» bei der Schweizer Vermögensberatung (SVAG) an. Die SVAG bezeichnet sich selbst als «Finanzvertrieb», vermittelt also ihrer Kundschaft Geldanlagen und Versicherungsprodukte.
Doch nach kurzer Zeit brach Gabler die Ausbildung wieder ab: «Von Fachkompetenz fand sich keine Spur, die Firma war vor allem an den Kontaktdaten meiner Freunde interessiert.»
Aus den Schulungsunterlagen, die K-Geld vorliegen, geht klar hervor: Fachthemen stehen bei dieser Ausbildung der SVAG nicht im Vordergrund – sondern nur die Verkaufstechnik. In der Broschüre «Kontaktmanagement» zum Beispiel geht es vor allem um die Kniffs für ein erfolgreiches Verkaufsgespräch. Zudem enthält sie 200 leere Zeilen zum Notieren von Namen und Adressen von Familienangehörigen, Freunden, Arbeits- und Sportkollegen sowie Nachbarn.
«Gibt es denn auf diesem Gebiet seriöse Ausbildungsmöglichkeiten?», fragt Gabler die Redaktion von K-Geld. Antworten gibt es in der Übersicht im Kasten rechts. Die darin genannten berufsbegleitenden Kurse werden in der Regel von jüngeren Frauen und Männern besucht, die bereits bei einer Bank oder Versicherung angestellt sind. In solchen Fällen übernimmt der Arbeitgeber meist auch die Kosten.
Die Lehrgänge richten sich aber auch an Interessenten und Berufsumsteiger, die sich als Finanz- und Versicherungsberater selbständig machen wollen.
Ein weiterer Weg in die Finanzbranche führt über die Universität. Klassische Studiengänge für den Direkteinstieg sind die Bereiche Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre, Jus oder Mathematik. So gibt es bei den Versicherungsunternehmen Karrieremöglichkeiten als Aktuar (Versicherungsmathematiker), Bilanzierer, Jurist oder Controller. Auch ein Einstieg als «Trainee» ist für Akademiker möglich: Die Allianz bietet zum Beispiel jedes Jahr sechs Personen ein 18-monatiges Trainee-Programm an.
Ein wichtiger Tipp für Konsumentinnen und Konsumenten: Wenn ein Versicherungsberater oder freier Verkäufer eine seriöse Ausbildung vorweisen kann, so heisst das nicht zwangsläufig, dass er deswegen auch unabhängig und kundenfreundlich berät. Viele «Berater» sind ebenfalls Verkäufer – und zwar von Produkten, die ihnen eine Verkaufsprovision einbringen.
Tipps: Wichtige Ausbildungsgänge und Abschlüsse
Versicherungsvermittler VBV
Der Versicherungsvermittler VBV (Berufsbildungsverband der Versicherungswirtschaft) kann private Haushalte, Selbständigerwerbende und kleine Unternehmen betreuen. Die Ausbildung deckt sämtliche Versicherungssparten ab. Anlagethemen gehören aber nicht dazu. Der Abschluss ist von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) als Berufsqualifikation für die Registrierung als Versicherungsvermittler anerkannt. Die Ausbildung dauert 20 Tage innert 6 Monaten. Die Kurse finden berufsbegleitend in Tages-Blöcken statt, in der Regel an einem Werktag sowie am Samstag.
Diplomierter Finanzberater IAF
Diplomierte Finanzberater IAF (Interessengemeinschaft Ausbildung im Finanzbereich) beraten Privatkunden in den Themen Vermögensbildung, Vorsorge, Versicherung, Eigenheimfinanzierung, Recht und Steuern. Der Abschluss ist von der Finma als Bildungsabschluss für die Vermittlerregistrierung und für die Fondsvertriebsbewilligung anerkannt. Die Ausbildung dauert 31 Tage, verteilt auf 9 bis 12 Monate und wird in Form von berufsbegleitenden Modulkursen durchgeführt.
Diplomierter Fondsberater IAF
Der Kurs vermittelt die Grundlagen des Anlagegeschäfts und die materiellen, rechtlichen und steuerlichen Aspekte von Anlagefonds und anderen kollektiven Kapitalanlagen. Die Absolventen wissen über Anlagefonds und fondsähnliche Produkte Bescheid und können ihre Kunden entsprechend beraten. Weil der Kurs seinen Schwerpunkt auf das Selbststudium legt und nur 5 Präsenztage beinhaltet, eignet er sich gut für berufstätige Teilnehmer.
Finanzplaner mit Eidgenössischem Fachausweis (BP)
Finanzplaner können für Einzelpersonen und selbständig Erwerbende eine langfristige Finanzplanung erarbeiten, die genau auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist. Der Schwerpunkt liegt im Vorsorge- und Anlagebereich. Sach- und Vermögensversicherungsthemen gehören nicht dazu. Die Ausbildung baut auf dem diplomierten Finanzberater IAF auf und dauert 19 Tage, verteilt auf 5 bis 6 Monate. Sie ist in Modulkursen aufgebaut.
Versicherungsfachmann mit Eidgenössischem Fachausweis (BP)
Versicherungsfachleute gestalten Abläufe und Versicherungsprozesse in Unternehmen. Sie übernehmen Beratungsaufgaben gegenüber interner und externer Kundschaft. Die eineinhalbjährige Ausbildung knüpft an den Versicherungsvermittler VBV an und vertieft in Form von berufsbegleitenden Modulen das bereits erworbene Wissen in allen Themen weiter. Der Fachausweis erleichtert auch den Zugang zur Höheren Fachschule Versicherung (HFV).
Dipl. Versicherungswirtschafter HF (Höhere Fachschule)
Diplomierte Versicherungswirtschafter können Fach- und Führungspositionen im Versicherungswesen übernehmen. Die 3-jährige Ausbildung umfasst die Bereiche Betriebswirtschaft, allgemeines und spezielle Branchenwissen sowie Versicherungsprozesse. Sie richtet sich sowohl an Interessenten mit einer abgeschlossenen Ausbildung im Versicherungsbereich als auch an Quereinsteiger mit Versicherungs-Know-how.
- Kosten: 24 000 Franken (4000 Franken pro Semester)
- Infos: www.hfvesa.ch
CAS Insurance Broking
Mit dem Certificate of Advanced Studies (CAS) Insurance Broking erwerben die Teilnehmer das Wissen für international ausgerichtete Kunden. Sie erhalten ein universitäres Diplom. Voraussetzung für den Studienlehrgang ist ein Hochschulabschluss, ein höheres Versicherungsdiplom oder ein Diplom als Eidgenössischer Finanzplaner. Die Ausbildung findet über 8 bis 9 Monate jeweils an ganzen Seminartagen statt. Der Stoff wird in den zwei Modulen Hintergrundwissen und Praxiswissen vermittelt.