Einfach und transparent – so waren die meisten Indexfonds über lange Zeit. Solche bewährten Instrumente, die einen Börsenindex möglichst exakt abbilden, gibt es nach wie vor. Diese Anlagevehikel funktionieren so: Wenn etwa ein Unternehmen viele Aktien ausgegeben hat und deren Kurs hoch ist, resultiert ein hoher Börsenwert. Dann ist auch der Anteil dieses Unternehmens in einem entsprechenden Indexfonds gross. Und umgekehrt.
Zu diesen einfach gebauten Fonds gehören etwa solche, die den Schweizer Aktienindex SPI oder den Index MSCI World für die Börsen der Industrieländer wiedergeben. Und zwar genau gemäss Börsenwert.
Doch nun kommen auch in der Schweiz immer mehr Fonds mit einer ganz anderen Bauweise auf den Markt. Bei ihnen wird die exakte Gewichtung nach Börsenwert aufgegeben zugunsten einer Titelauswahl nach anderen Kriterien. Die Branche nennt sie Smart-Beta-Indexfonds. Oder, weil es sich grösstenteils um börsenkotierte Indexfonds handelt, Smart-Beta-ETFs.
Sinngemäss lässt sich Smart Beta übersetzen mit «überdurchschnittlich gute Geldanlage». Denn das Ziel ist, mit einer gezielten Auswahl und Höhergewichtung von speziellen Erfolgsbringern besser abzuschneiden als die klassischen Indexfonds.
Das geht so: Die Finanzdaten der Vergangenheit werden durchkämmt auf der Suche nach Erfolgsfaktoren, die über längere Zeiträume überdurchschnittliche Renditen abgeworfen haben. Solche Faktoren sind zum Beispiel hohe Dividenden oder tiefe Wertschwankungen. Mit den aus der Vergangenheit gewonnenen Erkenntnissen werden dann die Smart-Beta-ETFs gezimmert.
Beispiel: Unternehmen bzw. Aktien mit regelmässigen und hohen Ausschüttungen werden im ETF entsprechend bevorzugt, um hohe Dividenden anzupeilen.
Smart-Beta-ETFs: Mal besser, mal schlechter
Doch erfüllen Smart-Beta-ETFs das Versprechen einer Mehrrendite? Sicher ist: Auch Smart-Beta-ETFs kochen nur mit Wasser. Das zeigt schon der einzige solche Fonds für Schweizer Aktien: der iShares Swiss Dividend. Seit seinem Start Ende April 2014 hat er mal schlechter, mal besser abgeschnitten als etwa der normal gebaute iShares Core SPI. Im Moment hat er die Nase wieder leicht vorne.
Schon gut vertreten sind die Smart-Beta-ETFs bei den Anlagegebieten USA, Europa sowie Welt. Die Tabelle im PDF führt alle ETFs Aktien Welt auf, die seit mindestens einem Jahr in der Schweiz zugelassen sind. Bei mehr als einem Drittel – blau markiert – handelt es sich um Smart-Beta-ETFs. Gleich sieben liegen an der Spitze. Es gibt aber auch Smart-Beta-ETFs im Mittelfeld und am unteren Ende.
Ein Renditevergleich von bloss einem Jahr ist allerdings wenig aussagekräftig. Die meisten Smart-Beta-ETFs wurden erst kürzlich in der Schweiz an der Borse kotiert, ein längerfristiger Vergleich ist also nicht möglich. In den USA und anderen Ländern liegen schon über zehnjährige Daten vor. Sie zeigen folgendes Bild:
Es kommt vor, dass Smart-Beta-ETFs über längere Zeit klassische Indexfonds schlagen. Es gibt aber immer auch längere unterdurchschnittliche Phasen. Andreas Homberger von der auf ETFs spezialisierten Vermögensverwaltungsfirma Hinder warnt: «Die Vorstellung, dass mit diesen Produkten auf jeden Fall ein Renditevorteil erzielt werden kann, ist nicht haltbar.»
Die Verkäufer von Smart-Beta-Produkten konnten den Marktanteil in den letzten Jahren stark steigern: Er macht in den USA bei den börsenkotierten Indexfonds bereits 25 Prozent aus. Das trieb die Kurse der Titel, auf die sie setzen, überdurchschnittlich in die Höhe. Mit anderen Worten: Smart-Beta-Strategien können eine Mehrrendite erzielen, nicht weil sie selber besonders smart sind, sondern weil sie mit ihrer Nachfrage die von ihnen gehaltenen Aktien verteuern.
Beispiel: der iShares Edge World Minimum Volatility, der in der Tabelle im PDF an der Spitze liegt. Im Durchschnitt belaufen sich die Kurse seiner Aktien mittlerweile auf das 23-fache des Jahresgewinns. Zum Vergleich: Der «gewöhnliche» iShares World ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 18 klar günstiger bewertet. Dabei gilt: Je höher die Bewertung, umso grösser auch die Absturzgefahr.
Einige Smart-Beta-ETFs sind kompliziert gebaut und schwer durchschaubar. Damit fällt es auch schwer, die zu erwartenden Renditen einzuschätzen. Einige hüten ihre Bauweise sogar als Geschäftsgeheimnis. Es besteht die Tendenz, dass jeder einen eigenen Index konstruiert. Die Folge: Auch die Renditen von Fonds mit der gleichen Etikette – zum Beispiel «Dividenden» – können sich stark unterscheiden.
Auch die grosse US-Fondsfirma Vanguard bietet Smart-Beta-ETFs an. Sie ist aber eine Genossenschaft, keine auf Gewinnmaximierung getrimmte Aktiengesellschaft. Vielleicht liegt hier der Grund, warum sich einer ihrer Top-Manager, Tim Buckley, sehr vorsichtig äussert. Wenn etwa Aktien mit geringen Schwankungen oder Value-Aktien in der Vergangenheit gut abgeschnitten haben, dürfe daraus nicht einfach auf die Zukunft geschlossen werden.
Die gängigsten Smart-Beta-Strategien
Die meisten Smart-Beta-ETFs sind Aktienfonds. Das sind ihre gängigsten Strategien:
- Hohe Dividenden. Die Aktienauswahl gemäss überdurchschnittlicher Dividendenrendite ist für diese Fonds das Wichtigste. Sie wenden aber weitere Kriterien an, etwa die Stetigkeit der Ausschüttungen.
- Tiefe Volatilität. Bevorzugt werden Aktien, die in der Vergangenheit relativ geringe Schwankungen aufgewiesen haben.
- Werthaltigkeit oder Value. Solche Fonds picken Aktien heraus, die zwar einen hohen «inneren Wert» haben, aber zu tiefen Kursen notieren.
- Momentum. Es kommen Aktien zum Handkuss, die in der jüngsten Vergangenheit den besten Lauf hatten.
- Wachstum oder Growth: In der Gunst dieser Fonds stehen Unternehmen mit starkem Umsatz- oder Gewinnwachstum.
- Gleichgewichtung. Unternehmen mit hohem und tiefem Börsenwert werden gleich gewichtet.
Smart-Beta-ETFs: Die wichtigsten Tipps
- Smart-Beta-ETFs eignen sich nicht als Kernanlage eines Portefeuilles. Ziehen Sie sie allenfalls als kleinere Beimischung in Betracht.
- Sie sollten nur Smart-Beta-ETFs kaufen, die Sie verstehen und durchschauen – auch wenn dies mit einigem Aufwand verbunden ist. Anleger, die es bequem haben wollen, beschränken sich ganz auf die bewährten ETFs.
- Falls Sie sich Smart-Beta-ETFs ins Depot legen, sollten Sie sie einmal im Jahr einer Beurteilung unterziehen: Halten sie (immer noch), was sie versprechen?