Angefangen hatte das Ganze mit einem überraschenden Telefonanruf. Manuela S. aus Kloten ZH erinnert sich: «Eine Frau meldete sich bei mir und sagte, sie hätte meine Telefonnummer von einer ehemaligen Arbeitskollegin erhalten. Sie arbeite für die Firma Swiss Life Select und würde gerne einmal unverbindlich bei mir zu Hause vorbeikommen, um meine Versicherungen, das Sparen usw. anzuschauen.»
Dieses Vorgehen ist typisch für Swiss Life Select (ehemals AWD). Fachleute nennen es Empfehlungsmarketing: Wo immer Swiss-Life-Select-Vertreter auftauchen, bitten sie ihre Kunden, ihnen die Namen von Freunden und Bekannten aufzuschreiben. So kommen die Verkäufer laufend zu neuen Adressen, die sie dann kontaktieren und aufsuchen können.
Manuela S. war das Drängen der Vertreterin suspekt
Das war auch bei der 24-jährigen Manuela S. der Fall, als die Swiss-Life-Select-Vertreterin sie besuchte. «Noch während des Gesprächs zeigte sie mir das Formular, das ich mit Kontaktangaben aus meinem Bekannten und Verwandtenkreis hätte ausfüllen sollen.» Am Ende des Gesprächs habe die Vertreterin ein weiteres Mal wegen der Kontaktdaten nachgefragt. Manuela S. war dieses Drängen suspekt: «Ich lehnte erneut ab. Sie liess mir dann das Formular da mit der Bemerkung, ich könne ja die aufgeführten Personen vorgängig fragen und ihr dann das Formular ausgefüllt zustellen.»
«Adressen von Freunden dürfen auf keinen Fall preisgegeben werden»
Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz sagt dazu: «Es ist unverschämt, wie grosse Finanzanbieter wie Swiss Life Select private Netzwerke anzapfen wollen und ihre Kunden unter Druck setzen. Adressen von Freunden oder Bekannten dürfen auf keinen Fall preisgegeben werden, wenn man die Betroffenen nicht vorher gefragt hat.» Swiss Life Select sagt dazu, es werde kein Druck aufgesetzt.
Typisch für Swiss Life Select ist auch, dass ihre Vertreter in erster Linie Sparversicherungen verkaufen. Manuela S. machte beim ersten Gespräch klar, dass sie in einer Zweitausbildung stecke und sich noch keine Gedanken über die
3. Säule gemacht habe. Trotzdem präsentierten ihr die Verkäufer beim zweiten Gespräch drei Offerten für eine gemischte Lebensversicherung im Rahmen der Säule 3a. Manuela S.: «Ich war sehr überrascht, da ich nie den Wunsch geäussert hatte, eine Lebensversicherung abzuschliessen.» Und sie ergänzt: «Stutzig machte mich auch, dass alle drei Offerten bereits mit meinem Namen, der Adresse und dem Geburtsdatum ausgefüllt waren und nur noch meine Unterschrift fehlte. Die Vertragsdauer wäre 40 Jahre gewesen.»
Bei Sparversicherungen ist üblicherweise ein Todesfallkapital versichert. Das verstärkte die Abwehrhaltung der jungen Frau: «Ich bin ledig, habe keine Kinder, ich muss also niemanden finanziell absichern.» Da kamen die Verkäufer auf eine Idee, welche die Frau
als «sehr unangebracht» empfand: «Ich solle mir doch überlegen, ob nicht meine Eltern froh wären, wenn Sie bei meinem Tod etwas Geld erhielten. Ich solle das mal mit ihnen besprechen.» Auch darauf hatte sie eine treffende Antwort. «Meine Eltern würden mir klar davon abraten, einen Vertrag über 40 Jahre oder mehr einzugehen.» Und: «So schnell lasse ich mir nichts aufschwatzen.»
Kommt hinzu: Im Gespräch mit K-Geld sagt Manuela S., vom reinen Banksparen als vernünftige 3a-Vorsorge sei nie die Rede gewesen. Swiss Life Select behauptet hingegen, das Vorsorgesparen bei der Bank sei «sehr wohl» angesprochen worden.
«Ich melde mich da sicher nicht»
Gegen Ende des Gesprächs zauberten die Verkäufer noch das «Glücks-Paket» aus dem Hut. So nennt Swiss Life Select einen Fondssparplan, in den die Kundin jeden Monat zum Beispiel 150 Franken einzahlen könnte. Auch dieser Antrag war fixfertig ausgefüllt, doch die Kundin liess sich nicht beirren – aus gutem Grund (siehe Kasten). «Am Schluss sagte ich dann: Wenn meine Ausbildung fertig ist, melde ich mich bei euch», beendet die Frau ihre Schilderung. «Das hat beide überzeugt, und sie sind gegangen, ohne dass ich etwas gekauft hätte. Aber ich melde mich da sicher nicht.»
Mit dem «Glücks-Paket» haben Sparer Pech
Der Fondssparplan «Glücks-Paket» von Swiss Life Select kostet bei jeder Einzahlung eine Ausgabekommission von 2 Prozent. Weitere Kosten von jährlich 3 Prozent kommen dazu.
Die Berater von Swiss Life Select haben einer jungen Frau (siehe Haupttext) auch ein «Glücks-Paket» offeriert. Das ist ein Fondssparplan. Wer ihn abschliesst, zahlt in regelmässigen Abständen eine bestimmte Summe ein. Dieses Geld wird anschliessend in Anlagefonds investiert. Das Angebot ist aus folgenden Gründen nicht attraktiv:
Die Einzahlungen des Kunden gehen an die Bank Lienhardt & Partner, die als Depotbank fungiert. Diese zwackt von jeder Einzahlung 2 Prozent als sogenannte Ausgabekommission ab und leitet dieses Geld an Swiss Life Select weiter. Im Antrag müssen die Kunden unterschreiben, dass sie auf diese Rückvergütung verzichten.
Zusätzlich belastet Lienhardt & Partner vom gesamten Depotbestand des Kunden jedes Jahr eine Gebühr von 1,2 Prozent. Auch dieser Abzug geht an Swiss Life Select, und auch darauf müssen Kunden im Vertrag verzichten. Diese Gebühren seien «marktüblich», sagt Swiss Life Select.
Dazu kassiert Swiss Life Vergütungen von denjenigen Fondsgesellschaften, in deren Fonds der Kunde investiert. Diese Bandbreite wird in den Unterlagen mit 0,1 bis 1 Prozent des Investments angegeben. Auch darauf verzichtet der Kunde, wenn er den Vertrag unterschreibt.
Im konkreten Fall hat Swiss Life Select der Kundin aus einer grossen Auswahl je einen Fonds von Bantleon Invest (ISIN LU0764660840) und Swisscanto (ISIN LU0161539 233) empfohlen. Gemäss der Analyseplattform Morningstar.ch ist der Swisscanto-Fonds nur mittelmässig gut, der Bantleon-Fonds liegt punkto Wertentwicklung hinter vergleichbaren Fonds zurück. Beide Fonds kosten aber den Anleger 1,25 bzw. 1,14 Prozent an laufenden Kosten. Swiss Life Select sagt dazu, ein Wechsel in andere Fonds sei jederzeit kostenlos möglich.
Fazit: Es gibt bessere Fondssparpläne zu viel tieferen Kosten. Bei Avadis zum Beispiel haben die sieben zur Verfügung stehenden Fonds eine Gesamtkostenquote (laufende Kosten) von maximal 0,67 Prozent – aber keine Ausgabekommission, keine Depotgebühren und keine Entschädigungen an Vertriebspartner.
Tipp: Wenn Vermittler ihren Kunden einen Fondssparplan aufschwatzen wollen, ist immer äusserste Vorsicht angebracht. In der Regel machen die Betreiber hohe Abzüge – um zum Beispiel die Vermittler zu bezahlen.