In Brasilien lässt sich normalerweise jeder Snack mit Kreditkarte zahlen. Wenn Geschäfte überhaupt Mindestbeträge für Kartenzahlungen festlegen, dann meist in der Höhe von weniger als zwei Franken. Mir ist klar, dass die Lage in abgelegenen Dörfern komplexer ist. Deshalb packe ich für meinen Besuch beim Volk der Parakanã Bargeld ein. Es lebt am Xingú-Fluss im Norden des Landes. Ich will Kunsthandwerk einkaufen –direkt bei den Dorfbewohnern, damit keine Zwischenhändler profitieren.
Vor Ort zeigt sich: Einige Frauen stellen Schmuck oder Korbwaren her – aber keine ist darauf vorbereitet, spontan zu verkaufen. Im Normalfall kaufen höchstens Vertreter von Nicht-Regierungsorganisationen ein, die Monate im Voraus bestellen. Hilfsbereit eilen die Frauen zu ihren Häusern, um zusammenzusuchen, was an fertiger Ware da ist. Es dauert Stunden, bis sie erneut auftauchen. So lange beraten sie, was die Stücke wohl wert sind. Dabei handelt es sich um aus millimeterkleinen Perlen geknüpfte Armbänder und Ketten, aus Naturfasern geflochtene Körbe, aus Baumrindengarn gehäkelte Taschen und vieles mehr. Ich finde schnell, was ich mir vorgestellt habe: Armbänder für meine Tochter, ihre besten Freundinnen und deren Mütter. Die Chefhändlerin hat jeweils den Namen der Kunsthandwerkerin, den Preis und die Bezeichnung des Stücks auf der herausgerissenen Seite eines Schulhefts notiert. Ich zähle die Preise der Objekte zusammen und will mit einem Hunderter und einem Fünfziger alles auf einmal zahlen – umgerechnet 25 Franken.
Die Frau schüttelt den Kopf. So geht das nicht. Jede Kunsthandwerkerin muss einzeln entlöhnt werden. Und zwar mit dem exakten Betrag, denn niemand hat Wechselgeld. Ich suche ausgiebig in meinem Portemonnaie, dann lege ich meine Auswahl bedauernd zurück auf den Tisch –wähle neu aus. Nicht mehr nach den Farben und Mustern, die mir am besten gefallen, oder nach den Grössen der Armbänder. Dieses Mal suche ich möglichst viele Teile, die von derselben Person hergestellt sind, und addiere die Preise, um herauszufinden, was ich zahlen kann.
Das Ergebnis: Die Freundinnen meiner Tochter gehen leider leer aus, dafür kann ich zwei ihrer Väter beschenken. Zum Schluss finde ich noch zwei Körbe, die ich eigentlich auch nicht brauche. Aber ich habe den passenden Betrag. Das ist ein unschlagbares Argument.