Eines Morgens war die sonst so verlässliche 100-Megabit-Leitung in meiner Moskauer Wohnung tot. «Wohl eine technische Störung», ging es mir durch den Kopf. «Womöglich umfangreiche Reparaturarbeiten und eine Woche kein Internet – was für ein Ärger!» Ein Anruf beim Provider beruhigte mich: Ich hatte lediglich vergessen, die letzte Rechnung zu bezahlen. Sobald diese beglichen sei, werde mein Zugang wieder freigeschaltet.
Würde ich in der Schweiz leben, hätte ich mich auf mindestens zwei Tage ohne Internet einstellen müssen. Denn so lange kann eine Überweisung via IBAN dauern. Doch in Russland funktionierte mein Internetzugang keine fünf Minuten später wieder. Wie ist das möglich?
Ganz einfach: Dort hat sich neben dem weltweit üblichen Überweisungssystem der Banken ein zusätzliches System für Sofortzahlungen etabliert. Die meisten Banken schlossen sich bei diesem System an. Direkt über die Banking-App meiner Hausbank kann ich auf diesem schnellen Weg meinen Internetprovider bezahlen, meine Monatskarte für die Moskauer Metro aufstocken, Rechnungen von Internetshops begleichen und sogar meine monatlichen Gas- und Stromkosten bezahlen.
All das passiert über das normale Internetbanking. Der Kunde kann verfolgen, wie das Geld sofort abgebucht wird und mit kurzer Verzögerung auf dem Empfängerkonto zur Verfügung steht. Ich muss nur den Empfänger auswählen, meine Kundennummer eingeben – etwa die des Internetanbieters – und die Überweisung ist fertig. Bei welcher Bank mein Provider das Konto hat, wie die Kontonummer lautet – all das muss ich gar nicht wissen.
Mit der Sofortüberweisung kann ich zwar nur Geld an Unternehmen und Behörden schicken, die an diesem System teilnehmen. Aber unter den Firmen in Russland ist dieses weit verbreitet. Wer gross genug ist, hat sich angeschlossen. In Moskau zum Beispiel kann man auf diesem Weg selbst Strafzettel und Steuern bezahlen, aber auch die Rechnungen bei 22 grossen Internetshops und 65 Reisebüros.
Übrigens funktionieren diese Schnellzahlungen auch mit Bargeld, über die Einzahlterminals der Banken – und genau so flott: Einfach den Empfänger auswählen, Kundennummer eingeben, Banknoten rein, fertig.