Der Informatiker Igor B. aus Zürich hatte im Jahr 2016 bei der Swiss Life die gemischte Lebensversicherung Flexsave Uno abgeschlossen. Damit kombinierte er das Sparen mit einer Todesfallversicherung. Die jährliche Prämie betrug 18 000 Franken. Vermittelt wurde sie ihm damals von einem Swiss-Life-Select-Mitarbeiter.
Knapp zwei Jahre später kontaktierte dieser ihn erneut. Er erzählte, er habe die Stelle gewechselt und arbeite nun für die Invesura SA aus Maroggia TI. Er wolle Igor B.s. finanzielle Situation wieder überprüfen. Igor B. war mit dem Flexsave-Produkt bisher zufrieden. Deshalb traf er ihn und seinen Chef im Dezember 2017 zum Gespräch. Igor B. hatte 300 000 Franken auf Sparkonten, die er für zehn Jahre investieren konnte. Mehr als zehn Jahre wollte der damals 36-jährige Zürcher das Geld nicht binden und sagte das den beiden Invesura-Leuten mehrfach.
Diese machten Igor B. einen vermeintlich lukrativen Vorschlag: Er solle das Geld wieder in eine Swiss-Life-Sparversicherung investieren. Mit dem eingezahlten Geld würde man dann aber bei einer Bank, etwa der Raiffeisen oder der Bank CIC, einen Lombardkredit aufnehmen und diesen mit Hilfe von Vermögensverwaltern weiter investieren. Wer einen Lombardkredit aufnimmt, verpfändet dafür der Bank sein Wertschriftendepot. Die Invesura-Leute behaupteten, mit dem Modell würden die Gelder von Igor B. zweimal Profit abwerfen: Einerseits bei der Swiss-Life-Police, auf deren Prämiendepot man ihm einen Zins von 0,5 Prozent versprach. Und andererseits durch die Investitionen, die mit dem Lombardkredit getätigt würden.
Von Lombardkredit war keine Rede mehr
Das Ganze wurde als sicheres Investment für 10 Jahre angepriesen.
Am Schluss der Besprechung legten die beiden Invesura-Berater Igor B. die Swiss-Life-Police vor. Er unterschrieb – ohne den Vertrag genau durchzulesen. Der Name Swiss Life genügte ihm – er hatte ja in der Vergangenheit keine schlechten Erfahrungen mit dem Versicherer gemacht.
Als Igor B. den Willkommensbrief für die zweite Swiss-Life-Police in der Post vorfand, erschrak er. Denn er sah, dass er nun eine zweite, fast gleiche Sparversicherung wie die bestehende bei der Swiss Life abgeschlossen hatte – und zwar für 30 statt der gewünschten 10 Jahre. Pro Jahr sollte er 30 000 Franken Prämie einzahlen. Er rief den Vermittler an und reklamierte wegen der langen Laufzeit, erinnert sich Igor B. Der erklärte ihm, dass die ersten zehn Jahre der 30-jährigen Police gleich seien wie eine zehnjährige Police. Igor B. könne die Police jederzeit ohne Gebühr zurückkaufen und erhalte mindestens 90 Prozent des einbezahlten Betrags.
Igor B. glaubte ihm und überwies am 18. März 2018 über 180 000 Franken auf das Swiss-Life-Depositenkonto – 30 000 Franken für die erste Jahresprämie der Police und 150 000 für den geplanten Lombardkredit. Damit erfüllte er alle abgemachten Bedingungen für den Kredit. Trotzdem teilte ihm der Vermittler kurz darauf mit, der Kredit stehe nicht bereit.
Nun wurde Igor B. misstrauischer. Nach wiederholten Anfragen bekam er detaillierte Angaben zur Police. So musste er feststellen, dass der Rückkaufswert für den geplanten Betrag von 300 000 Franken nach zehn Jahren lediglich 78 Prozent betragen würde – ein Minus von über 65 000 Franken. Die Invesura-Verkäufer hatten im Versicherungsdokument nicht den Rückkaufswert nach 10 Jahren hervorgehoben, sondern den nach 12 Jahren.
Was er auch nicht wusste: Das eröffnete Konto für die zweite Sparversicherung war ein Prämiendepot, das keine Rückzüge zulässt. Alle darauf einbezahlten Gelder werden grundsätzlich erst wieder frei, wenn der Versicherungsvertrag gekündigt wird. Der Invesura-Chef hatte ihm genau das Gegenteil geschrieben: Diese Gelder könnten jederzeit «investiert» oder «abgeholt» werden.
Von 180 000 eingezahlten Franken erhielt er noch 152 890 Franken zurück
Einen Lombardkredit, wie ihn die Invesura-Leute in Aussicht stellten, hätte Igor B. mit seinem Prämiendepot weder von Raiffeisen noch von der Bank CIC erhalten. Raiffeisen schreibt K-Geld, man gewähre Lombardkredite nur gegen Verpfändung von jederzeit verwertbaren Wertschriften. Die Bank CIC gewährt Lombardkredite nur gegen ein Konto oder Wertschriften als Sicherheit, welche bei ihr hinterlegt sind.
Igor B. kündigte die zweite Police am 5. Dezember 2019. Von 180 000 eingezahlten Franken erhielt er abzüglich der Provisionen und Gebühren noch 152 890 Franken zurück. Die Falschberatung durch die Invesura kostete ihn fast 30 000 Franken.
Invesura wollte gegenüber K-Geld keine Stellung zu dem Fall nehmen. Swiss Life schrieb, dass man der Kundenzufriedenheit grosse Bedeutung zumesse. Trotzdem kam sie Igor B. nicht entgegen.