Gertrud Stadler (Name geändert) und ihre Familie lebten viele Jahre glücklich in ihrem 6-Zimmer-Haus in Muttenz BL. Als die beiden Kinder flügge waren, zogen sie aus. Und nun ist auch noch Gertrud Stadlers Mann gestorben. Zwei Zimmer im Haus stehen seither leer.
Trotzdem möchte die 66-jährige Frau ihr Haus weiterhin bewohnen. Die Nachbarschaft, der Garten, die Umgebung und vor allem das Haus selbst mit all seinen Erinnerungen sind ihr ans Herz gewachsen. Doch die Steuerlast drückt. Allein der Eigenmietwert des Hauses beläuft sich auf 27000 Franken im Jahr.
Immerhin: Gertrud Stadler hat Glück. Beim Bund und in ihrem Wohnkanton Baselland darf sie den Gegenwert für die nicht mehr benutzten Kinderzimmer vom Eigenmietwert in Abzug bringen. In ihrem Fall bringt ihr das bei einem Grenzsteuersatz von 30 Prozent eine Steuerersparnis von 2250 Franken (siehe Unten).
Würde sie dagegen in den Kantonen Bern oder Aargau wohnen, hätte sie Pech: Zumindest bei den kantonalen Staats- und Gemeindesteuern dürfte Stadler dafür keinen Abzug vornehmen.
«Kleinliche Praxis» in vielen Wohnkantonen
«Kleinlich» findet das Pavlo Stathakis vom Hauseigentümerverband Schweiz. Das Gleiche hält er von der Praxis einiger Kantone – darunter auch Baselland –, den Unternutzungs-Abzug nur zuzulassen, wenn die Zimmer vollständig geräumt sind.
Der Kanton Zürich zeigt sich in dieser Beziehung grosszügiger: Hier dürfen nicht mehr benötigte Zimmer wenigstens als Abstellraum benutzt werden. Eine teilweise Nutzung, beispielsweise als Gäste- oder Bügelzimmer, ist allerdings auch im Kanton Zürich nicht gestattet.
Bei Zweitwohnungen verweigern sämtliche Steuerbehörden einen Abzug. Ebenso prinzipiell verweigert wird der Abzug, wenn das Haus oder die Eigentumswohnung schon beim Bezug überdimensioniert war. Beispiel: Ein Paar kauft ein grosses Haus, weil es Kinder möchte. Geht dieser Wunsch dann nicht in Erfüllung, gibt es auch keinen Abzug.
Dass die Räume tatsächlich nicht mehr genutzt werden, muss man gegenüber den Steuerbehörden speziell begründen und belegen. Am besten geschieht das mit einem kurzen Begleitschreiben, das die Gründe für die Unternutzung darlegt, sowie Fotos, die zeigen, dass die entsprechenden Räume nun leer stehen.
Unternutzungsabzug in zehn Kantonen
Nebst dem Bund kennen Baselland, Graubünden, Ob- und Nidwalden, Schaffhausen, Schwyz, Thurgau, Uri, Zug und Zürich einen Unternutzungsabzug auf den Eigenmietwert. Die Berechnung des Unternutzungsabzugs ist je nach Kanton unterschiedlich geregelt. Meist lehnt sie sich aber an die Regelung bei der direkten Bundessteuer an. Danach gilt bei Einfamilienhäusern die Zimmerzahl plus zwei (für Küche, Bad und sonstige Nebenräume) als Teilungsfaktor, um den Abzug zu ermitteln. Bei Eigentumswohnungen lautet die Regel: Zimmerzahl plus eins.
Beispiel für ein Haus: Der Unternutzungsabzug für ein 6-Zimmer-Haus mit zwei leer stehenden Zimmern und einem Eigenmietwert von 27000 Franken berechnet sich nach der Formel 27000 mal 6 (4 genutzte Zimmer plus 2 Räume) geteilt durch 8 (6 vorhandene Zimmer plus 2 Räume) gleich 20250 Franken. Der Eigenmietwert reduziert sich also um 6750 Franken.
Beispiel einer Eigentumswohnung: Der Unternutzungsabzug für eine 5-Zimmer-Eigentumswohnung mit einem leer stehenden Zimmer und einem Eigenmietwert von 18000 Franken berechnet sich nach der Formel 18000 mal 5 (4 genutzte Zimmer plus 1 Raum) geteilt durch 6 (5 vorhandene Zimmer plus 1 Raum) gleich 15000 Franken. Der Eigenmietwert reduziert sich also um 3000 Franken.