Elvira Känzig (Name geändert) erbte von ihrem Vater in einer Thurgauer Bodenseegemeinde ein etwas in die Jahre gekommenes Einfamilienhaus. Sie hätte weder die Zeit noch die Kenntnisse gehabt, das Haus selber zu verkaufen. Die Willensvollstreckerin schlug einen Makler vor, der das Haus für 1 Million Franken verkaufen wollte. Das überzeugte Känzig nicht, sie hielt die Schätzung für zu tief. Sie schaltete aufgrund persönlicher Kontakte die Maklervermittlerin Bestag mit Sitz in Zürich ein.
Die Bestag Vermittlung AG ist eines von mehreren Unternehmen, die als Geschäftsmodell die Suche nach dem richtigen Makler anbieten (siehe Kasten). Denn für verkaufswillige Immobilienbesitzer ist es angesichts Tausender Makler eine Herausforderung, die richtige Person zu finden, die ihr Objekt rasch und zu einem marktgerechten Preis veräussert. Die Bestag ist seit einiger Zeit in der Westschweiz aktiv und expandiert seit 2021 in die Deutschschweiz.
Provision sinkt bei zu hoher Anfangsbewertung
Das Beispiel von Elvira Känzig zeigt, was der Vermittler bietet: Die Bestag holte für sie zunächst Offerten von drei in der Region verankerten Immobilienmaklern ein. Deren Schätzungen für das Objekt reichten von 1,25 bis 1,45 Millionen Franken. Die Provisionssätze lagen zwischen 2,5 und 3,5 Prozent. Känzig entschied sich in Absprache mit Bestag für Engel & Völkers Kreuzlingen TG. «Die Maklerin von Engel & Völkers hat das Potenzial des Hauses erkannt und die höchste Schätzung eingereicht», begründet Känzig ihre Wahl.
Engel & Völkers und Känzig unterzeichneten den standardisierten Maklervertrag von Bestag. Das Besondere daran: Der Vertrag enthält eine Vergütungstabelle, bei der die Provision stark sinkt, wenn der Makler eine zu hohe Anfangsbewertung machte und diesen Preis am Markt nicht realisieren kann. So lässt sich verhindern, dass sich Makler mit einer unrealistisch hohen Schätzung ein Mandat sichern. Umgekehrt wird ein Makler überproportional stark belohnt, wenn er das Objekt zu einem höheren Preis losschlagen kann.
Die Maklerin von Engel & Völkers verkaufte das Einfamilienhaus am Bodensee für 1,66 Millionen Franken – 210000 Franken über dem Richtverkaufspreis. Für die 1,45 Millionen Franken belief sich die Provision auf 3,5 Prozent, also 50750 Franken. Bei den zusätzlich erzielten 210000 Franken kam als Bonus eine Provision von 10 Prozent zum Tragen, also 21000 Franken. Das ergibt zusammen 71750 Franken (ohne Mehrwertsteuer). Davon landeten 75 Prozent bei Engel & Völkers, 25 Prozent kassierte Bestag für die Vermittlung.
Känzig räumt ein: «Das ist viel Geld.» Andererseits habe sich die Zusammenarbeit für alle Beteiligten gelohnt. Bestag habe die Vorabklärungen seriös durchgeführt, sie bei den Verhandlungen unterstützt und während des ganzen Prozesses gut beraten. Der Verkauf sei bereits drei Monate nach Kontaktnahme mit Bestag besiegelt gewesen.
Auch andere Bestag-Kunden, die K-Geld anfragte, zeigen sich zufrieden. Eric Platzer (Name geändert) und seine Frau wollten ihre 6,5-Zimmer-Wohnung an der Zürcher Goldküste zuerst über einen Fixpreismakler verkaufen. Dieser legte den Vermarktungspreis der Wohnung bei 2,2 Millionen Franken fest. Platzers hatten keinen allzu guten Eindruck von ihm, daher wechselte das Paar zu Bestag. Die von der Firma vorgelegten Maklerschätzungen reichten von 2,265 bis 3,155 Millionen Franken. Platzers wählten den Makler von Swiss Life für den Verkauf und erzielten einen Erlös von 3,2 Millionen.
«Ich fühlte mich von Bestag gut begleitet»
Keinerlei Erfahrung mit Immobilientransaktionen hatte Heinz Bächtold (Name geändert). Mit der Hilfe von Bestag verkaufte er die geerbte 1,5-Zimmer-Ferienwohnung in Davos GR für 433000 Franken. «Ich fühlte mich sehr gut begleitet», sagt er.
Berufsbeiständin Andrea Prezioso (Name geändert) hatte im vergangenen Winter die Aufgabe, zwei Eigentumswohnungen eines Klienten zu verkaufen. Dabei sollte sie sicherstellen, dass der bestmögliche Erlös zugunsten der verbeiständeten Person erzielt wird. Bestag fand für sie zwei Makler, die bereit waren, die beiden 3,5-Zimmer-Wohnungen in Oberbipp BE zu vermarkten. Der Makler mit dem höheren Angebot erhielt den Zuschlag und verkaufte die beiden Wohnungen für je 255000 Franken in Rekordzeit. Der Preis war 15 Prozent höher als die Offerte der Konkurrenzmaklerin.
Offerten von verschiedenen Maklern einholen, den besten auswählen und mit diesem einen Vertrag mit einem Bonus-Malus-System vereinbaren: Kann das nicht jeder verkaufswillige Immobilienbesitzer selber machen – ohne die Hilfe von Bestag? Gabriel Diezi, Bestag-Leiter Deutschschweiz, verweist auf die grosse Zahl von knapp 10000 Immobilienmaklern in der Schweiz. Bestag beurteile sie nach 15 Kriterien. Dazu zählen etwa Ausbildung und Erfahrung des Maklers, Anzahl verkaufte Objekte in der Region und der erzielte Quadratmeterpreis im Vergleich zu anderen Objekten am gleichen Ort. Zudem begleitet die Firma die Maklerbesichtigung und fordert vergleichbare Bewertungen und Offerten ein.
Von der erzielten Provision des Maklers zweigt Bestag – je nach Region – 25 bis 30 Prozent für sich ab. Für die Makler dürfte es schmerzhaft sein, einen so grossen Anteil abzugeben. Diezi argumentiert, die Makler könnten Kosten für Kundenwerbung sparen. Und das Malus-System schütze seriöse Makler davor, einen Auftrag zu verlieren, wenn andere unrealistisch hohe Bewertungen machten.
Zweifel am Nutzen von Maklervermittlern
Robert Steiger ist seit 21 Jahren selbständiger Immobilienmakler in Winterthur ZH und Minusio TI. Vom Bestag-Geschäftsmodell hält er nicht viel. «Solche Modelle sprechen vorwiegend unerfahrene und referenzlose Makler an und fördern deshalb weder die Qualität des Berufes noch den Erfolg des Auftraggebers.» Er ist überzeugt, dass vor allem Makler mit Bestag zusammenarbeiten, die sonst mangels Reputation und Referenzen nicht an Aufträge kommen würden. Und ein Bonus-Malus-System sei nichts Neues. Das biete er seinen Kunden seit langem an.
Oliver Roth von der Immobilienfirma Remax in Davos GR verkaufte die dortige Ferienwohnung von Heinz Bächtold. Roth lässt durchblicken, dass er sich nur auf Bestag eingelassen habe, weil es zurzeit schwierig sei, an Verkaufsobjekte heranzukommen. Es sei «Blödsinn», dass Bestag helfe, Kosten für Kundenwerbung zu sparen. Die Zusammenarbeit mit der Vermittlerfirma mache das Ganze komplizierter und bedeute für ihn Mehrarbeit. Roth räumt ein, dass Bestag mit der Malus-Komponente der Überbewertung von Objekten entgegenwirke. Er habe selber schon erlebt, dass ihm ein anderer Makler mit einer unrealistisch hohen Bewertung einen Auftrag weggeschnappt habe.
Immobilienvermittler: Bis zu 50 Prozent Provision
Mehrere Unternehmen in der Schweiz versprechen Hilfe bei der Suche nach einem guten Immobilienmakler – zum Beispiel Comparis, Immoverkauf24.ch und Propertycaptain.ch.
Die Bestag Vermittlung AG sucht einen geeigneten Hausverkäufer grundsätzlich im gesamten Maklermarkt, andere Vermittler arbeiten mit einer überschaubaren Zahl von Maklern zusammen. Die Internetplattform Comparis zum Beispiel empfiehlt je nach Region und Objekttyp einen ihrer 22 Immobilienmakler. Um in den Pool von Comparis aufgenommen zu werden, müssen die Makler Kriterien wie eine anerkannte Ausbildung in der Immobilienwirtschaft erfüllen und über mindestens vier Jahre Berufserfahrung verfügen. Für die Vermittlung streicht Comparis 25 Prozent der Provision ein.
Sogar 50 Prozent der Provision kassiert das Portal Immoverkauf24.ch für seine Vermittlertätigkeit. Die Ratgeberplattform mit Hauptsitz in Hamburg (D) arbeitet in der Schweiz mit rund 70 Maklern zusammen. Diese müssen sich laut Sprecherin Charlotte Salow durch eine «sehr gute Reputation» auszeichnen, «abschlussstark» sein und in einem persönlichen Rekrutierungsgespräch bestehen. Die Vermittlertätigkeit von Immoverkauf24.ch beschränkt sich auf eine Empfehlung. Bei Bedarf sei aber auch eine Begleitung des Kunden über den gesamten Verkaufsprozess möglich.
Seit vergangenem Herbst vermittelt auch die Zürcher Immobilienplattform Propertycaptain.chMakler. Property Captain greift nach eigenen Angaben auf ein Netzwerk von 250 Maklern zurück. Zuerst klärt die Vermittlerin Wünsche und Ziele des Verkäufers ab, anschliessend sucht sie auf Basis von hinterlegten Daten den passendsten Makler. Für diese Tätigkeit verlangt die Plattform gemäss Geschäftsführerin Myriam Reinle einen «kleinen, nicht standardisierten Anteil» der Abschlussprovision des Maklers.