Das Ehepaar Anton und Magdalena Fröhli aus Hünenberg ZG überliess Mitte Februar 2018 dem sogenannten Robo-Advisor, der automatischen Vermögensverwaltung von Swissquote, 100 000 Franken. Bis Ende 2020 machte das System daraus 85 652 Franken. Das Ehepaar verlor damit in knapp drei Jahren 14 348 Franken oder 14,3 Prozent. Hätte das Paar das Geld im gleichen Zeitraum auf den Swiss Performance Index gesetzt, also auf einen Indexfonds mit Schweizer Aktien, wäre ein Gewinn von 28 330 Franken oder ein Plus von 28,3 Prozent zustandegekommen.
Wie ist diese gewaltige Renditedifferenz von 42,6 Prozentpunkten innert weniger Jahre zu erklären? Swissquote will gegenüber K-Geld aufgrund des Geschäfts- und Bankkundengeheimnisses nicht Stellung nehmen. Dies, obwohl Anton Fröhli die Bank mit einer rechtsgültig unterzeichneten Vollmacht vom Bankkundengeheimnis entband.
Die Maschine kaufte zu hohen Kursen – und verkaufte zu tiefen
Die Bank will den Vorwurf, ihr Computermodell tauge nicht allzu viel, mit Zahlen entkräften. Man biete den Robo-Advisor schon seit 2010 an. Er werde von 4540 Kunden genutzt und habe per Ende 2020 Vermögenswerte von insgesamt 334 Millionen Franken verwaltet. Nur: Über die Qualität des Robo-Advisor sagt das nichts aus. Und Renditezahlen gibt Swissquote nicht heraus.
Im Fall des Ehepaars Fröhli liegen K-Geld sämtliche Transaktionen des Handelsroboters vor. Das Journal zeigt, dass dieser sehr viele Transaktionen vornahm – teilweise bis zu 28 pro Tag. Hinzu kommen allein im vergangenen Jahr 64 Devisenwechsel. Beim Umtausch von Währungen geht jedes Mal rund ein Prozent der Kauf- respektive Verkaufssumme verloren.
Zudem kaufte die Maschine oft zu hohen Kursen – und verkaufte zu tieferen. Beispiel: Anfang April 2019 erwarb der Robo-Advisor insgesamt 211 Nordex-Aktien für je Euro 15.16. Drei Monate später verkaufte er die Titel des Hamburger Herstellers von Windkraftanlagen für je Euro 14.24. Nach Spesen resultierte aus diesem Geschäft ein Verlust von rund 394 Franken.
Ein weiteres Beispiel betrifft eine Schweizer Aktie: Anfang Juli 2019 kaufte der Computer 211 Aktien des Genfer Softwareunternehmens Temenos zu einem Kurs von Fr. 175.55. Drei Monate später verkaufte er diese zu einem Preis von Fr. 158.65. Im gleichen Stil ging es immer weiter – bis Fröhli Anfang April 2021 Swissquote das Mandat entzog.
Swissquote schreibt zu den Verlustgeschäften: «Der Robo-Advisor passt das Portfolio in regelmässigen Abständen an, um stets das optimale Gleichgewicht zwischen Risiko und erwarteter Rendite aufrecht zu halten.» Dieses periodische Ausbalancieren der Anlagestrategie nennt sich Rebalancing (K-Geld 5/2018). Es erfolgt mit dem Ziel, regelmässig zur ursprünglichen Vermögensaufteilung zurückzukehren. Das heisst: In zuvor definierten Abständen werden einige Titel mit guter Wertsteigerung verkauft.
Das bringt zwei Vorteile: Erstens lässt sich auf diese Weise ein Teil der aufgelaufenen Kursgewinne ins Trockene bringen. Und zweitens vermeidet man mit diesem Vorgehen Klumpenrisiken – denn es soll keine Position zu mächtig werden und so die Risikostreuung gefährden. Mit dem Verkaufserlös werden anschliessend günstige Papiere gekauft, die schlecht laufen und daher untervertreten sind.
Swissquote empfiehlt Rebalancing im Halbjahresrhythmus. Das Ehepaar Fröhli hatte sich allerdings für ein vierteljährliches Rebalancing entschieden. Doch das erklärt nicht, weshalb der Robo-Advisor von Swissquote Verlierer- statt Gewinneraktien verkaufte und so das Rebalancing «pervertierte».
Robo-Advisor ist nichts für Kleinanleger – auch aus Kostengründen
Fazit: Swissquote ist eine gute Adresse, um Wertschriften kostengünstig selbständig zu handeln und zu verwahren (K-Geld 2/2020). «Execution only» heisst das im Bankjargon. Von der automatischen Vermögensverwaltung per Robo-Advisor sollten Anleger jedoch die Finger lassen. Denn auch die jährlichen Fixkosten von insgesamt 1,25 Prozent für Vermögen unter 200000 Franken sind ziemlich hoch – vor allem, wenn dazu je nach Fonds noch Produktkosten von bis zu 0,3 Prozent hinzukommen.
Robo-Advisor: Automaten gibts bei vielen Banken
Neben Swissquote bieten weitere Schweizer Finanzdienstleister einen Robo-Advisor an. Beim Internet-Vermögensverwalter True Wealth, der mit der Basellandschaftlichen Kantonalbank und der Saxo-Bank zusammenarbeitet, zahlen Kunden bei Anlagen mit 50 Prozent Aktien 0,71 Prozent des investierten Vermögens pro Jahr. Bei «Clever Circles» der Bank CIC sind die Kosten mit 0,75 Prozent ähnlich hoch.
Bei Selma, einem Fintechunternehmen, das mit dem VZ Vermögenszentrum zusammenarbeitet, betragen die Kosten 0,94 Prozent. 0,96 Prozent sind es bei «Volt Invest», dem Robo-Advisor der Bank Vontobel. Ebenso viel kostet «Rio», das Pendant der Raiffeisenbank, während man für «Digifolio», das Produkt der Basellandschaftlichen Kantonalbank, bis zu 1 Prozent zahlt. Bei allen Finanzdienstleistern können die Kunden wählen, wie viel Geld sie in welche Anlageklassen investieren.
Der Erfolg von Handelsrobotern wie dem Robo-Advisor blieb bislang aus. Die Glarner Kantonalbank beispielsweise stellte im Jahr 2019 ihren «Investomat» ein. Auch die Handelsroboter «Scalable Capital» und «Elvia E-Invest» sind vom Schweizer Markt verschwunden.