Elvira und Fritz Widmer (Namen geändert) sind 70 und 80 Jahre alt. «Wir haben langsam Mühe mit den Gelenken. Das Treppensteigen wird immer beschwerlicher», sagt Elvira Widmer. Und auch Gartenarbeiten seien in diesem Alter nicht mehr so einfach zu bewältigen. Deshalb entschied das Ehepaar im Herbst 2021, sein 6,5-Zimmer-Reiheneinfamilienhaus in Baar ZG zu verkaufen. Dafür wollten die Rentner eine Wohnung auf einer Etage mit Lift an guter Lage erwerben.
Fritz Widmer erinnert sich: «Unser Haus hätten wir zehn Mal verkaufen können – aber im Kanton Zug dafür einen geeigneten Ersatz zu finden, ist sehr schwierig.» In dieser Situation stiess das Paar auf die Maklerfirma Hegglin Group AG und deren Immobilien-Tauschplattform Hoyou. Dort können Eigentümer ihr Haus oder ihre Wohnung anbieten und tauschen. Die Widmers liessen ihr Haus schätzen und als Tauschobjekt anbieten.
Etwa zur gleichen Zeit hielten die 42-jährige Jolanda Gabathuler und ihre zehnjährige Tochter nach einer grösseren Immobilie Ausschau. Ihre 4,5-Zimmer-Wohnung in Baar war zu klein für den Zusammenzug mit dem Partner von Gabathuler und dessen Tochter. Sie versuchten deshalb, die Wohnung durch ein Einfamilienhaus zu ersetzen, vorzugsweise mit einem Garten, wo auch die sechs Haustiere der Patchworkfamilie Auslauf finden würden.
Jolanda Gabathuler beauftragte im November 2021 einen Makler, die Wohnung zu verkaufen und gleichzeitig einen Ersatz zu präsentieren. Der Makler tat sich mit dem Ersatz schwer, denn der Markt war ausgetrocknet. Dann stiess Gabathuler im Internet auf die Tauschplattform Hoyou. Sie vereinbarte mit dem bisherigen Makler sowie der Hegglin Group, dass die Provision geteilt wird.
Das Ehepaar Widmer und Jolanda Gabathuler studierten in der Folge die Dossiers der vorhandenen Hoyou-Angebote. Die Hegglin Group vermittelte den persönlichen Kontakt, organisierte und begleitete die gegenseitige Objektbesichtigung Mitte Januar des vergangenen Jahres. Danach war für die beiden klar: Sie wollten tauschen. Die Raumaufteilung, der Garten und der Sitzplatz hätten sie überzeugt, sagt Gabathuler. «Dieses Haus ist für uns perfekt.» Und die Widmers waren angetan vom «tollen Grundriss» und von der Lage der Wohnung.
Bei einem Verkauf hätten wohl beide mehr verdient
Ende Mai 2022 ging die Wohnung mit Jahrgang 2012 für 1,6 Millionen Franken an die Widmers. Jolanda Gabathuler und ihr Partner zahlten für das 23-jährige Reiheneinfamilienhaus 1,8 Millionen. Beide Parteien sind überzeugt, dass sie mehr Geld erhalten hätten, wenn sie an den Meistbietenden verkauft hätten. Wichtiger war aber, ein passendes Ersatzobjekt zu bekommen. Beide Seiten konnten die bestehende Hypothek auf ihr neues Objekt übertragen. Die Hegglin Group kassierte von den beiden Parteien eine Maklerprovision von 2 Prozent.
Christine Hegglin ist Geschäftsleiterin der noch im Aufbau begriffenen Tauschplattform Hoyou.ch. Zurzeit finden sich dort 148 Objekte, nämlich 96 Wohnungen und 52 Häuser. Verteilt sind diese Objekte auf die sechs Verkaufsregionen Aargau, Basel, Bern, Luzern, Solothurn, Zug und Zürich. Seit April gingen sieben Tauschaktionen erfolgreich über die Bühne.
Gemäss Hegglin entstand Hoyou aufgrund jahrelanger Erfahrungen des Maklerunternehmens Hegglin Group. Es habe sich gezeigt, dass in Märkten mit grosser Nachfrage und geringem Angebot eine Immobilie meist sehr rasch verkauft werden könne. Der Eigentümer habe dann aber das Problem, dass ihm eine Ersatzimmobilie fehle. Viele Wohneigentümer würden in ihren bestehenden vier Wänden bleiben, weil es aufwendig ist, eine Nachfolgelösung zu suchen, und sie befürchten, nicht zeitig fündig zu werden. «Wenn aber alle warten, tut sich nichts. Mit Hoyou wollen wir Bewegung in den Immobilienmarkt bringen», sagt Hegglin.
«Für Tauschgeschäfte brauchts genügend Objekte»
Michel Benedetti von der Immobilienberatungsfirma Iazi sieht durchaus ein Bedürfnis für eine solche Plattform. Denn wegen der steigenden Zinsen sei es für viele Hausbesitzer schwierig geworden, die höheren Finanzierungskosten zu schultern. Abhilfe schaffen könne der Kauf einer günstigeren Liegenschaft. Für Benedetti und auch für Christine Eugster vom Immobilienberatungsunternehmen Wüest Partner ist es aber wichtig, dass genügend Objekte auf der Tauschplattform vorhanden sind.
Robert Steiger, seit über 20 Jahren selbständiger Immobilienmakler in Winterthur ZH und Minusio TI, beurteilt Hoyou kritischer. Seiner Meinung nach entspricht die Plattform in der Praxis letztendlich keinem Bedürfnis. Tauschgeschäfte seien in der Umsetzung «sehr schwierig». Er vermutet, dass die Tauschplattform vor allem dazu diene, an Objektdaten und Adressen verkaufswilliger Immobilienbesitzer zu gelangen. Christine Hegglin von Hoyou bestreitet das vehement.
So funktioniert der Immobilientausch
Die Schweizer Immobilien-Tauschplattform Hoyou mit Sitz in Steinhausen ZG bringt verkaufswillige Immobilieneigentümer miteinander in Kontakt. Wohneigentümer können sich auf der Plattform gratis und unverbindlich registrieren und ihre Immobilie mit dem Schätzwert eintragen. Sie sehen dann alle anderen Immobilien – allerdings nur mit Einschränkungen und ohne Kontaktmöglichkeiten.
Es braucht ein Abo, um alle Informationen sowie den ungefähren Standort einzusehen und andere Wohneigentümer kontaktieren zu können. Abhängig von der Zahl möglicher Kontaktanfragen kostet ein Abonnement ab einem Franken pro Tag. Wenn ein Immobilienbesitzer Interesse an einem anderen Objekt hat, kann er dieses mit einem Daumen nach oben kennzeichnen. Darauf erhält der andere Wohneigentümer eine Meldung. Nur wenn dieser am anderen Objekt interessiert ist, werden die Adressen gegenseitig sichtbar.
Statt ein Abo abzuschliessen, können verkaufswillige Wohneigentümer auch einen Tauschexperten engagieren. Das ist ein ortsansässiger selbständiger Makler, der Tauschpartner zusammenführt und den ganzen Verkaufsprozess betreut. Ein solches Mandat kostet im Erfolgsfall 2 Prozent des Verkaufspreises. Es ist jederzeit kündbar. In Zukunft will Hoyou.ch auch Mietobjekte anbieten.