Die Zinssätze für Hypotheken sind immer noch auf sehr tiefem Niveau. Sowohl eine 5-jährige Festhypothek als auch eine Geldmarkthypothek sind laut dem Zinsvergleich der Vermittlungsplattform Hypotheke.ch ab 0,62 Prozent erhältlich – 10 Jahre fix gibt es ab 0,81 Prozent.
Anders sieht die Situation bei den variablen Hypotheken aus: Die offiziellen Zinssätze der Banken bewegen sich zwischen 2,25 Prozent (Migros-Bank) und 3,25 Prozent (Berner Kantonalbank). Die Banken haben sie seit mindestens acht Jahren nicht mehr gesenkt.
Den meisten Wohneigentümern kann das egal sein. Sie haben Fest- oder Geldmarkthypotheken abgeschlossen. Variable Hypotheken haben nicht mehr denselben hohen Stellenwert wie früher. Aber unter bestimmten Umständen greifen Wohneigentümer immer noch auf eine variable Hypothek zurück. Sei es, um einen geplanten Liegenschaftsverkauf rasch abwickeln zu können, um den Bau eines Hauses «ab Plan» zu finanzieren oder weil eine Bank für Kleinhypotheken nur variable Hypotheken gewährt. Denn die rasch kündbaren variablen Hypotheken sind das flexibelste Hypothekarmodell.
K-Geld-Umfrage zeigt: Nachfrage nach variablen Hypotheken ist gering
Der Anteil variabler Hypotheken am gesamten Hypothekarvolumen ist gemäss einer Umfrage von K-Geld je nach Bank sehr unterschiedlich: Bei den Raiffeisenbanken etwa beträgt er knapp 3 Prozent, bei der Luzerner Kantonalbank liegt er bei rund 0,5 Prozent. Die Berner Kantonalbank hat variable Hypotheken in der Höhe von 500 Millionen Franken vergeben, was 2 Prozent des gesamten Hypothekarportfolios ausmacht.
Die geringe Nachfrage nach variablen Hypotheken ist denn auch eines der Hauptargumente, das Banken zur Rechtfertigung der vergleichsweise hohen Zinssätze anführen. Ein weiterer Grund sei die Flexibilität, die ein Kunde mit einer variablen Hypothek erhält. «Sie ist jederzeit auf drei Monate kündbar sowie rückzahlbar», erklärt etwa Valiant-Sprecher Marc Andrey.
Für den Immobilienprofi Otto Frei aus Uitikon ZH sind das «Scheinargumente». Ein gewisser Risikozuschlag sei zwar gerechtfertigt, «aber sicher nicht in diesem Umfang». Die Banken würden die Situation von Kunden ausnützen, die eine flexible Hypothekarlösung benötigten. Auch Florian Schubiger von Hypotheke.ch ist der Meinung, dass die Zinssätze von variablen Hypotheken den Markt nicht widerspiegeln. Die Refinanzierung laufe bei diesem Hypothekarmodell nicht wesentlich anders ab als bei den übrigen. Der Zinszuschlag für die Flexibilität sei zu hoch und nicht kundenorientiert.
Um die hohen variablen Zinssätze zu vermeiden und trotzdem flexibel zu bleiben, empfehlen Banken Wohneigentümern oft den Abschluss einer Geldmarkthypothek. Dieses Hypothekarmodell weist in der Regel aber eine Rahmenlaufzeit von zwei bis fünf Jahren auf. Das ist zu lang, wenn man den Verkauf der Liegenschaft plant oder die Hypothek in Kürze amortisieren will. Die UBS bietet indes eine Alternative an – auch für Neukunden: eine unbefristete Geldmarkthypothek, die auf drei oder sechs Monate kündbar ist. Sie ist etwas teurer als die normale Geldmarkthypothek. Eine weitere Alternative zu einer variablen Hypothek ist eine Festhypothek mit einer einjährigen Laufzeit.
Auch bei der Finanzierung eines Neubaus kann eine Geldmarkthypothek eine variable Hypothek ersetzen. Laut Schubiger gewähren Banken als Baukredit oft eine Geldmarkthypothek, die dem Baufortschritt entsprechend in Tranchen ausbezahlt und am Schluss in eine Hypothek mit Rahmenlaufzeit umgewandelt wird.
Laut Florian Schubiger bieten Banken für Kleinhypotheken unter 100000 Franken in der Regel nur variable Hypotheken an. Kunden, die gut verhandeln und allenfalls ein Zusatzgeschäft in Aussicht stellen, würden aber auch in solchen Fällen häufig eine Lösung mit einer Geldmarkthypothek erreichen.
Variable Hypothekarsätze verteuern Baurecht
Von den weiterhin hohen Zinssätzen für variable Hypotheken sind indirekt auch viele Baurechtnehmer betroffen. Denn viele ältere Baurechtverträge sind an die variablen Hypothekarzinssätze der Kantonalbanken gebunden. Das zeigen Zuschriften an K-Geld.
Eine Genossenschaft in einer Aargauer Gemeinde etwa musste im vergangenen Jahr 116921 Franken Baurechtszinsen zahlen. Eigentümerin der 10562 Quadratmeter, auf der die Reiheneinfamilienhäuser der Genossenschaft stehen, ist die Gemeinde. Der Baurechtszinssatz liegt bei 2,25 Prozent. Das ist – wie es der Baurechtsvertrag von 1993 festlegt – ein halbes Prozent unter dem Zinsfuss für variable Hypotheken der Aargauischen Kantonalbank. Das Problem: Die AKB hat diesen Zinssatz seit März 2009 bei 2,75 Prozent «eingefroren». Der Zinssatz wird nicht mehr publiziert.
Die Genossenschaft findet den angewendeten Baurechtszinssatz im heutigen Hypothekarumfeld «zu hoch». Sie hat deshalb vor zwei Jahren eine neue Berechnungsbasis für den Zinssatz gefordert, etwa den hypothekarischen Referenzzinssatz. Er liegt zurzeit bei 1,25 Prozent. Die Gemeinde lehnte dies ab. Denn der aktuelle Baurechtszins sei «äusserst moderat und fair». Die Genossenschaft überlegt sich nun, ein Schiedsgericht einzuberufen.
Auch Franz Hermann (Name geändert) aus einer Zürcher Landgemeinde ärgert sich über einen Baurechtsvertrag aus dem Jahr 1996. Für ein Grundstück von 425 Quadratmetern zahlt er alljährlich 3750 Franken Baurechtszinsen. Die Basis für die Zinsberechnung ist der Zinssatz für eine variable Hypothek der Zürcher Kantonalbank. Er liegt seit über elf Jahren bei 2,5 Prozent. Gern würde Hermann der privaten Baurechtgeberin das Land abkaufen. Aber das will diese nicht.
Felix Walder, stellvertretender Direktor des Bundesamts für Wohnungswesen, kennt das Problem. Es bestehe keine gesetzliche Regelung, um den Anpassungsmechanismus für den Baurechtszins innerhalb eines laufenden Vertrags zu ändern. Er empfiehlt Baurechtnehmern, die vom variablen Hypothekarzinssatz wegkommen möchten, das Gespräch mit dem Eigentümer zu suchen.