Ein Bekannter machte Martina Adam (Name geändert) aus Reiden LU Ende 2021 ein Investment schmackhaft. Er kenne eine vielversprechende Aktiengesellschaft, die im Bergbau tätig sei: die TH Mining AG mit Sitz in Zug. Die Aktien seien billig, schon mit wenigen Tausend Franken könne man einsteigen. Er selber habe das auch gemacht. In drei Monaten sei die Firma an der Börse, dann könnten sie anstossen.
Die K-Geld-Leserin war zuerst skeptisch. Doch Exponenten von TH Mining um Hauptaktionär, Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident Thomas Hölscher überzeugten sie mit dem Argument, dass die Bergbaufirma über ein Aktienkapital von 150 Millionen Franken verfüge. So behauptete etwa Verwaltungsrat Martin Stäubli, das Risiko für Investoren sei gering, denn das Kapital diene dem «Gläubigerschutz».
Raffinierter Internetauftritt überzeugt viele Anleger
In Pressemitteilungen verglich sich TH Mining wegen des angeblich hohen Eigenkapitals mit den Schweizer Weltkonzernen Roche, Novartis und Nestlé. Die Firma sei innovativ, hiess es, denn die Aktien würden «tokenisiert» angeboten, also über eine digitale Aktienbörse. «Für uns ist diese Digitalisierung bereits heute eine strategische Investition in einen avisierten Börsengang», schrieb Verwaltungsrat Stäubli. Zum Geschäftsmodell hielt TH Mining fest, man verfüge über die Substanz Kieselgur, die in der Landwirtschaft eingesetzt werde. Zudem sei man im Geschäft mit Bentonit dabei, das etwa als Heilerde beim Entgiften des menschlichen Darms helfe.
Martina Adam war von den auf mehreren Internetplattformen veröffentlichten Pressemitteilungen, Schlagwörtern wie Nachhaltigkeit, Green Mining und einem angeblich kurz bevorstehenden Börsengang beeindruckt. Im Januar 2022 zeichnete sie zweimal 357'000 Partizipationsscheine mit einem Nennwert von 1 Rappen zu einem Preis von 49'980 Franken. In einer dritten Tranche kaufte sie weitere 428'000 Partizipationsscheine mit dem gleichen Nennwert für 29'960 Franken. Insgesamt gab sie also rund 80'000 Franken aus – und zahlte mit 7 Rappen pro Schein einen Betrag, der sieben Mal dem Nennwert entsprach.
Thomas Hölscher gründete TH Mining am 20. November 2017. Auf der Website ist zu lesen, dass man über eine «Community» von 6031 Personen verfüge. Dabei handle es sich mehrheitlich um Schweizer und Deutsche.
Zum Firmenumfeld von TH Mining zählen diverse in der Schweiz gegründete Genossenschaften, so etwa die Schweizer Genossenschaft Zukunft (SGZ), über die laut einer Mitteilung von TH Mining 50 Millionen Franken von Investoren eingenommen wurden. TH Mining behauptete zwar, zwischen den Genossenschaften und ihr bestehe «keine gesellschaftliche Vernetzung».
Thomas Hölscher verkaufte die Papiere an Martina Adam aus seinem Privatbestand. Später erhielt Adam von einer weiteren Genossenschaft, der Schweizer Einkaufsgenossenschaft für digitalisierte Sachwerte (SEDS), die Anweisung, das Geld für den Wertpapierkauf auf das Konto der SGZ zu überweisen. Bei der SGZ war Hölscher Präsident der Verwaltung, und in beiden Genossenschaften stiess man auf den Namen des Wallisers Egon Kuonen.
Beratung via Telegram, Chats regelmässig gelöscht
Kuonen war es auch, der Martina Adam und andere Investoren über die Chatsoftware Telegram und über Youtube beriet, wenn sie Fragen zu ihrem Investment bei TH Mining hatten.
Der K-Geld-Leserin kam es seltsam vor, dass die Inhalte der Telegram-Chats regelmässig gelöscht wurden und sich Youtube-Videos nur mit Codes anschauen liessen. Sie wollte rasch einen Teil ihrer Partizipationsscheine verkaufen. Das gelang ihr bis heute nicht. Immer wieder wurde sie von Kuonen vertröstet. So erging es auch anderen K-Geld-Lesern. Sie sitzen auf Hunderttausenden Partizipationsscheinen, für die es offenbar keinen Markt gibt. Und es ist unklar, was mit den Millionen geschah.
Das wollen nun die Strafverfolgungsbehörden genauer wissen. Im August 2023 schrieb die Staatsanwaltschaft Nidwalden mehrere Hundert Anleger an. Darin informierte sie die Investoren, dass sie gegen Hölscher eine Strafuntersuchung wegen Verdachts auf mehrfachen Betrug führe. Sie lud die Investoren ein, sich als Privatkläger am Strafverfahren zu beteiligen.
Nicht börsenkotierte Aktien sind für Kleinanleger riskant
Der Fall TH Mining bestätigt, was K-Geld seit Jahren rät: Kleinanleger sollten keine Aktien von Firmen kaufen, die nicht an der Börse kotiert sind. Solche Unternehmen sind nicht zur Transparenz verpflichtet. Für die Wertpapiere gibt es oft keinen Markt. Wer aussteigen will, muss mit einem Totalverlust rechnen – egal, über wie viel Aktienkapital die Firmen angeblich verfügen und wie modern der Aktienverkauf aufgegleist wurde. So sagt etwa eine «Tokenisierung» von Aktien nichts über die Seriosität einer Firma aus (K-Geld 5/2023).
Thomas Hölscher schreibt K-Geld, es seien ihm keine Investoren bekannt, die Partizipationsscheine verkaufen wollten und hierfür keinen Käufer fänden. Wenn man seine Beteiligungen verkaufen wolle, solle man sich direkt an TH Mining wenden. Alle Anteilscheininhaber der SGZ seien ausbezahlt worden. Das Vorverfahren der Strafuntersuchung durch die Staatsanwaltschaft Nidwalden sei noch nicht abgeschlossen. Ihm seien keine Hinweise auf strafrechtlich relevante Vorgänge bekannt, und solche seien auch unwahrscheinlich, da kein Schaden vorliege.
Martina Adam helfen salbungsvolle Worte nicht weiter. Ihre Partizipationsscheine hat bis heute niemand zurückgekauft. Zuletzt wurde ihr beschieden, sich an die Thats – IT Services AG aus Zug zu wenden – auch sie wurde von Thomas Hölscher präsidiert.