Als noch kaum jemand die Bezahl-App Twint benutzte, wurden die Händler mit sehr günstigen Konditionen geködert. Sie mussten nur Gebühren in der Höhe von wenigen Rappen bezahlen, wenn ein Kunde beim Einkauf Twint benutzte. Seit der Coronapandemie nahmen die Twint-Transaktionen stark zu. Letztes Jahr liefen in der Schweiz laut Twint schon 590 Millionen Zahlungen über ihre App. Inzwischen sind auch die Gebühren für Händler massiv angestiegen.
Pro Einkauf fliessen 2 bis 5 Prozent an die Banken
Eigentümer von Twint sind die grössten Schweizer Banken sowie die Finanzunternehmen Six und Worldline. Für sie ist die Twint-App ein gutes Geschäft. Darauf deuten die neuen Geschäftsbedingungen der Twint-Mitbesitzerin Zürcher Kantonalbank (ZKB) hin. Darin heisst es, dass die Bank bis zu 2 Prozent des Betrages einer Zahlung erhält, wenn ein Kunde Twint benutzt. Das macht bei 100 Franken also 2 Franken. Diese Entschädigung müssen die Händler abliefern.
Sogar bis zu 5 Prozent kassiert die ZKB, wenn es sich um eine «Mehrwertleistung» handelt. Das ist dann der Fall, wenn die Twint-App über die reine Zahlung hinaus eine Dienstleistung erbringt. Ein Beispiel hierfür sind Händler, die Twint als Plattform für den Verkauf von Waren nutzen. Auf Anfrage von K-Geld erklärt die ZKB, dass es sich bei den Prozentsätzen in den Geschäftsbedingungen um «Maximalangaben» handle, «die typischerweise nicht ausgeschöpft werden». Weiter will sie sich zur Profitabilität von Twint nicht äussern.
Für kleine Händler, die Twint mit einem QR-Code-Sticker nutzen und auf die Angabe eines Zahlungszwecks oder weitere Angaben verzichten, beträgt die Gebühr 1,3 Prozent pro Transaktion. Sobald die Händler aber ein Bezahlterminal einsetzen, werden die Konditionen von einem Zahlungsdienstleister festgelegt. Je nach Dienstleister und Umsatz des Händlers sind die Konditionen sehr unterschiedlich. Die Zahlungsdienstleister geben K-Geld keine konkreten Konditionen bekannt. K-Geld hörte sich deshalb bei mehreren Händlern um und befragte sie zu den Gebühren von Twint und anderen elektronischen Zahlungsmöglichkeiten.
Bezahlung mit Twint doppelt so teuer wie mit Debitkarten
Bei Twint wird dem Konsumenten eine Zahlung sofort vom Privatkonto abgezogen – wie bei einer Debitkarte. Die von verschiedenen Händlern offengelegten Konditionen zeigen aber, dass Twint-Transaktionen fast immer höhere Gebühren verursachen als solche mit Debitkarten. Beispiele: Ein Zürcher Laden ist bei Nexi, dem zweitgrössten Zahlungsdienstleister, unter Vertrag. Er muss für Transaktionen mit Debit-Mastercard 0,5 Prozent und mit Visa Debit 0,75 Prozent Gebühren entrichten. Bei Twint fallen jedoch 1,25 Prozent an.
Einem Restaurant in der Region Winterthur ZH belastet Worldline, mit 65 Prozent Marktanteil der grösste Zahlungsdienstleister der Schweiz, für Debitkartenzahlungen 0,85 Prozent (Mastercard) und 1,25 Prozent (Visa). Twint-Transaktionen sind mit happigen 1,55 Prozent am teuersten.
Worldline legte im Einvernehmen mit dem Preisüberwacher eine Obergrenze fest für Zahlungen mit Debitkarten. Diese beträgt für Debit-Mastercard 2 Franken und für Visa Debit Fr. 3.50.
Für Twint existiert hingegen keine Obergrenze. Die Krankenkasse Sanitas bietet die Bezahlung der Prämie mit Twint an. Ihre Konditionen will Sanitas K-Geld nicht bekanntgeben. Wenn ein Versicherter bei Sanitas seine Jahresprämie von 5000 Franken mit Twint bezahlt und nur zum Beispiel 0,9 Prozent Gebühren entrichtet, kostet die Zahlung 45 Franken.
Für die Banken ist es also lukrativ, wenn ihre Kunden möglichst oft mit Twint bezahlen. Denn bei Twint-Transaktionen fallen in der Regel höhere Gebühren an als bei Debitkarten, und sie müssen diese nicht mit den Karten-Lizenzgebern Visa und Mastercard teilen.
Letztlich aber zahlen die Konsumenten die hohen Gebühren. Denn die Händler überwälzen die Kosten für Twint- und Kartenzahlungen auf ihre Produkte und Dienstleistungen. Die höheren Kosten bezahlen am Ende alle Konsumenten – auch jene, die bar zahlen oder per E-Banking.