Ich bin kein Influencer. Und ich verbringe meinen Alltag nicht damit, Produkte und Dienstleistungen anzupreisen. Trotzdem sind US-Grossbanken bereit, mir Geld zu bezahlen, falls ich mit ihnen eine Geschäftsbeziehung eingehe. Die Bank of America etwa offeriert mir eine Prämie von 100 Dollar. Chase möchte mich mit 225 Dollar belohnen. Und Wells Fargo lockt gar mit 300 Dollar.
Warum bloss? Ganz einfach: Die Banken in den USA sind an meinem Geld interessiert. Und weil Kleinsparer es sich in Zeiten hoher Inflation und tiefer Sparzinsen zweimal überlegen, ob das klassische Konto noch in die persönliche Anlagestrategie passt, bekommen Privatkundinnen und Privatkunden eine Barprämie, wenn sie eine neue Bankverbindung eröffnen.
Für Schweizer Ohren mag ein solches Angebot zu gut klingen, um wahr zu sein. Aber es gibt keinen Haken, solange man das Kleingedruckte beachtet und über genügend Bargeld verfügt. Und Zeit sollte man auch haben, denn potenzielle Kunden sehen sich bei der Kontoeröffnung mit allerlei Hürden konfrontiert – vor allem dann, wenn sie wie ich ursprünglich aus der Schweiz stammen.
Aber auch hier gilt: Übung macht den Meister. Ich habe in den vergangenen Jahren bei einer Handvoll solcher Lockvogelangebote zugegriffen, Konten bei globalen Multis (HSBC) und lokalen Finanzinstituten (M & T) eröffnet und wieder geschlossen. Deshalb habe ich den Dreh nun raus. Wichtig ist, dass man sich die Konditionen notiert – sonst überweist man im schlimmsten Fall zu wenig Geld auf das neue Konto, und aus der versprochenen Prämie wird nichts. Auch muss man den Kalender im Auge behalten: Schliesslich darf das neue Konto nicht zu früh gekündigt werden.
Heute fällt meine Wahl auf Wells Fargo. Das Angebot – 300 Dollar für ein Konto, das mindestens 90 Tage lang aktiv sein muss – klingt gut und unkompliziert. Ich setze mich also an den Computer und gebe im entsprechenden Formular die Daten ein, die mich als amerikanischen Steuerzahler mit fixer US-Adresse identifizieren. Doch im Anmeldeprozess scheint der Wurm drin zu sein. Denn das Online-System akzeptiert meine Eingaben nicht.
Glücklicherweise befindet sich die nächste Filiale von Wells Fargo gleich um die Ecke. Also greife ich nach meinen Ausweisen, stecke das verlangte Startguthaben von 25 Dollar ein und statte der Bank einen Besuch ab. Dann geht dank einer netten Schalterangestellten alles ganz schnell. Als sie sieht, dass auf mich eine Prämie wartet, sagt sie: «Gratulation!». 300 Dollar seien doch ein schöner Zustupf. Finde ich auch – insbesondere für jemanden, der kein Influencer ist.