Wer bei den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich eine Kilowattstunde (kWh) Solarstrom bezieht, zahlt im Hochtarif über 23 Rappen. Seinen Lieferanten zahlen die EKZ hingegen nur 12,2 Rappen. Auch andernorts lässt sich unter dem Motto «wenig bezahlen, aber viel bezahlen lassen» gut verdienen. Deshalb nehmen regionale Stromwerke den von Privatleuten produzierten Solarstrom gern ab.
Die Vergütung, welche die Stromwerke zahlen, reicht von 8 bis zu 22 Rappen pro Kilowattstunde. Oft sind die Abnahmetarife derart tief angesetzt, dass Private für eine Investition in eine Fotovoltaikanlage in erster Line eine grosse Portion Idealismus mitbringen müssen – ökonomische Überlegungen sind dann zweitrangig.
Nur vier Versorger nehmen Strom aus Fremdgebieten
Private Solarstromproduzenten schauen sich deshalb nach Alternativen um (K-Geld 6/2022). Gemäss dem Bundesamt für Energie dürfen private Produzenten ihren Strom an einen Stromversorger ihrer Wahl verkaufen. Und Schweizer Elektrizitätsunternehmen steht es frei, grünen Strom auch von Produzenten ausserhalb ihres Versorgungsgebiets zu übernehmen.
Doch der Markt spielt bisher nicht. Recherchen von K-Geld ergaben: Nur vier Elektrizitätswerke nehmen Privaten Strom ab, wenn die Anlagen ausserhalb ihres Versorgungsgebiets liegen – nämlich die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK), die Industriellen Werke Basel (IWB), die bündnerische Repower und die Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW). Aber nur die CKW bietet einen attraktiven Abnahmetarif von zurzeit über 20 Rappen/kWh (siehe Tabelle im PDF).
Enorme Unterschiede bei den Entgelten für Solarstrom
Im dritten Quartal 2022 hatten die CKW sogar 32 Rappen/kWh gezahlt. Das zeigte Wirkung: Rund 2600 Solarstromproduzenten haben in den letzten drei Monaten zum Stromversorger in der Zentralschweiz gewechselt (siehe Interview). Das zeigt: Private Betreiber von Solarstromanlagen wollen ein höheres Entgelt für ihren Strom. Denn sonst wird es schwierig, den Anschaffungspreis von typischerweise etwa 40000 Franken für eine Anlage mit 13 Kilowatt Maximalleistung innert 25 Jahren wieder zu erwirtschaften.
Die Unterschiede bei den Entgelten sind enorm: Diese betragen zwischen 8 und 22 Rappen/kWh. Das geht ins Geld. Bei einer angenommenen Lebensdauer einer Anlage von 25 Jahren und einem Stromüberschuss von 5000 kWh/Jahr beträgt die aufgelaufene Differenz 17500 Franken.
Wer seinem Energieversorger überschüssigen Strom verkauft, bekommt nicht nur Entgelte für jede gelieferte Kilowattstunde elektrischer Energie, sondern zusätzlich auch eine Entschädigung für die Herkunftsnachweise (HKN). Diese Zertifikate belegen, dass es sich um ökologisch produzierten Strom handelt. Elektrizitätswerke übernehmen diese Nachweise zusammen mit dem Strom in der Regel nur dann, wenn die Solarstromproduzenten aus dem eigenen Versorgungsgebiet stammen.
Ausnahmen sind die Repower und die Industriellen Werke Basel. Letztere weist das HKN-Entgelt nicht separat aus, sondern zahlt einen Abnahmetarif von 14 Rappen/kWh. Darin sind die Herkunftsnachweise bereits enthalten. Die Repower zahlt mickrige 8 Rappen/kWh für den abgenommenen Strom und weitere 4 Rappen/kWh zusätzlich für die HKN. Wer die Repower also mit dem eigenen Solarstrom beliefert, erhält höchstens 12 Rappen/kWh. Das ist gleich viel, wie andere Versorger für Strom ohne Zertifikat bezahlen.
Die CKW zahlen bei Strom aus Fremdgebieten für die Herkunftsnachweise nichts. Solche Zertifikate lassen sich zwar theoretisch separat verkaufen – ohne den Strom. Private Solaranlagenbetreiber können die Nachweise zum Beispiel auf der Ökostrombörse anbieten (Oekostromboerse.ch). Es ist allerdings nicht garantiert, dass ihnen jemand die Nachweise abkauft. So entgeht vielen Produzenten die Entschädigung, die je nach Versorger zwischen 1 und 4 Rappen/kWh beträgt. Bei einer Überschussproduktion von 5000 kWh pro Jahr macht das in einer Betriebszeit von 25 Jahren allein für die Herkunftsnachweise zwischen 1250 und 5000 Franken aus.
Zurzeit versuchen Politiker auf kantonaler und nationaler Ebene, einen landesweiten Tarif für die Einspeisung von Solarstrom festzulegen. Aus dem Gesetzesvorschlag der nationalrätlichen Umweltkommission lässt sich ableiten, dass das Mindestentgelt bei etwa 6 Rappen/kWh liegen würde. Das zeigen Berechnungen der Schweizerischen Energie-Stiftung. Dieses Mindestentgelt wäre somit noch geringer als die heutigen Vergütungen für Solarstrom.
In der Schweiz gibt es gegen 150'000 Solarstromanlagen
Übrigens: Gemäss der Statistik Sonnenenergie des Bundesamtes für Energie waren in der Schweiz per Ende 2021 Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von total 3,65 Gigawatt installiert. Diese Anlagen können fast 6 Prozent des Schweizer Strombedarfs decken. Im Jahr 2020 waren 117'660 Fotovoltaikanlagen in Betrieb, 2021 belief sich die Anzahl Anlagen auf 144'550 – ein Plus von 23 Prozent. Die Leistung nahm 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 43 Prozent zu.
«Höhere Vergütung macht private Fotovoltaikanlagen attraktiver»
Die Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW) haben grossen Zulauf von Solarstromproduzenten aus fremden Versorgungsgebieten. Geschäftsleitungsmitglied Thomas Reithofer nennt die Gründe.
Warum übernehmen die CKW den Solarstrom von Produzenten ausserhalb ihres Versorgungsgebiets?
Alle Solarstromproduzenten sollen erstens von guten Strompreisen am Markt profitieren. Zweitens wird mit einer höheren Vergütung der Bau privater Fotovoltaikanlagen attraktiver.
Warum übernehmen die CKW zwar den Strom, aber nicht die dazugehörenden Herkunftsnachweise?
Die Nachfrage nach zertifiziertem Solarstrom ist sehr gering. Zudem läuft die Zertifikatsabwicklung über ein zusätzliches System, was den administrativen Aufwand stark erhöht. Deshalb verkaufen die CKW den Solarstrom nicht unter dem Ökostromlabel, sondern als gewöhnlichen Strom am Markt.
Im dritten Quartal 2022 machte das Angebot der CKW, 32 Rappen pro Kilowattstunde zu zahlen, auf dem Markt Furore. Jetzt sinken die Abnahmepreise wieder. Warum?
Die CKW vergüten privat produzierten Strom nach dem Referenzmarktpreis des Bundesamtes für Energie. Die Strompreise sind in den letzten Monaten kontinuierlich gesunken. Entsprechend ist auch der Referenzmarktpreis des Bundesamtes für Energie tiefer.
Springen nun dazugewonnene neue Solarstromlieferanten wieder ab?
Wir gewinnen täglich neue Kunden dazu – und ein paar wenige haben auch gekündigt. Wir haben das Produkt bewusst kundenfreundlich gestaltet: Niemand bindet sich langfristig an die CKW, alle Produzenten können mit einer Frist von 30 Tagen auf das Ende jedes Quartals kündigen und zu einem anderen Abnehmer wechseln.