Maja Fehr (Name geändert) aus dem Zürcher Oberland sagt von sich selbst: «Ich habe keine Ahnung von Geld und Bankangelegenheiten.» Nach dem Tod ihres Mannes verkaufte die Rentnerin im Sommer 2021 das gemeinsame Haus. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) hatte den Verkauf abgewickelt und riet ihr, die Verwaltung des Erlöses von 800'000 Franken an die Bank zu delegieren. Fehr schloss deshalb den Vermögensverwaltungsvertrag «Premium» ab, mit der Anlagestrategie «Select» (45 bis 90 Prozent Anleihen, 10 bis 35 Prozent Aktien) und der Ausprägung «Nachhaltig».
Der ZKB gelang es nicht, Fehrs Vermögen zu erhalten oder gar zu vermehren. Es schrumpfte von Anfang an. Im Februar 2023 wechselte Fehr die Anlagestrategie zu «Balance» mit einem geringeren Anleihenanteil (30 bis 70 Prozent), dafür mit mehr Aktien (20 bis 65 Prozent). Aber auch das brachte nicht die Wende. Deshalb kündigte Maja Fehr den Vermögensverwaltungsvertrag per Ende August. Sie sagt: «Das Vertrauen in die ZKB ist leider weg.»
Von den am 23. Juli 2021 investierten 800'000 Franken verblieben am 1. September 2023 noch 667'309 Franken. Das ist ein Verlust von 132'691 Franken oder 16,6 Prozent. Fehr glaubt, dass vor allem die Vermögensverwaltungsgebühr von 1,3 Prozent pro Jahr sowie diverse Verkäufe und neue unglückliche Käufe des aktiv verwalteten Portfolios viel Geld vernichteten.
Aktiv gemanagte Vermögensverwaltungen wie jene von Maja Fehr sind teuer. Neben der eigentlichen Gebühr für die Vermögensverwaltung können versteckte Gebühren anfallen, etwa für Währungswechsel oder teure Finanzprodukte.
Kosten sind bei passiver Verwaltung viel tiefer
Kostengünstiger sind passive Vermögensverwaltungen. Deren Vermögensverwalter versuchen gar nicht erst, durch eigenständige Anlageentscheide eine Überrendite herauszuholen, sondern richten sich nach dem Index aus.
Die letzten zwei Jahre waren eine schwierige Zeit an den Finanzmärkten. Wegen der Zinswende, der Inflation und des Kriegs in der Ukraine liefen Obligationen und Aktien schlecht. Dieser Entwicklung konnten sich auch passive Vermögensverwaltungen nicht entziehen. Aber Maja Fehr hätte mit einer passiven Vermögensverwaltung etwa bei den Schweizer Finanzinstituten Avadis und Findependent weniger Verluste gemacht. Bei Avadis hätte die Rentnerin mit der Anlagestrategie «Basis» (40 Prozent Aktien, 60 Prozent Obligationen) Anfang September dieses Jahres einen Restbetrag von 708'382 Franken zurückerhalten, das entspricht noch einem Verlust von 11,5 Prozent.
Mit der Anlagelösung «Bedacht» von Findependent wiederum wären Fehr Anfang September von ihrem eingesetzten Geld 712'963 Franken geblieben. Der Verlust hätte 10,9 Prozent betragen. Die Anlagelösung «Bedacht» enthält 40 Prozent Aktien, 48 Prozent Obligationen und 10 Prozent Immobilien. Auch bei den passiven Vermögensverwaltungen von Avadis und Findependent hätte Fehr also viel Geld verloren. Aber die Verluste wären deutlich geringer ausgefallen. Avadis schnitt 5,1 und Findependent gar 5,7 Prozentpunkte besser ab als die ZKB.
Zumindest ein Teil der Unterschiede ist auf die tieferen Kosten der passiven Vermögensverwaltungen zurückzuführen. Avadis belastet bei der Anlagestrategie «Basis» eine jährliche Pauschalgebühr des angelegten Betrags von 0,58 Prozent. Bei Findependent fallen bei Kauf und Verkauf je 0,48 Prozent Gebühren an. Für Vermögensverwaltung und Depotführung sind während der Laufzeit zusätzlich jährlich 0,35 Prozent des angelegten Vermögens zu zahlen.
ZKB: Kundin hätte nicht so früh aussteigen sollen
Die ZKB erklärt den Verlust von Maja Fehr mit dem «aussergewöhnlichen Anlagejahr 2022». Dieses sei von «negativen Entwicklungen bei den Finanzmärkten geprägt» gewesen. Für die ZKB-Vermögensverwaltung «Premium» mit den Anlagestrategien «Select» und «Balance» werde ein Anlagehorizont von fünf und sechs Jahren empfohlen. Das habe Fehr nicht eingehalten.
Die Bank sagt ferner, dass die in der pauschalen Vermögensverwaltungsgebühr von 1,3 Prozent pro Jahr nicht enthaltenen Gebühren nur einen geringen Teil der Gesamtkosten ausmachen würden.