Privatanleger sind heute nicht mehr darauf angewiesen, ihr Vermögen von Fachleuten für viel Geld verwalten zu lassen. Verschiedene Entwicklungen führten in den vergangenen Jahren dazu, dass sie das selbst übernehmen können – und zwar mit ähnlichen Renditechancen wie bei professionellen Vermögensverwaltern:
- Die stark steigende Zahl börsengehandelter Indexfonds (ETF) machte es für Privatpersonen um einiges einfacher und günstiger, in einen bestimmten Markt zu investieren, beispielsweise in den Schweizer Aktienmarkt. ETF bilden einen Aktienindex nach – deshalb benötigen sie im Unterschied zu aktiven Aktienfonds keine teuren Aktienanalysten. ETF sind aber nicht nur günstiger, sie erzielen in der Regel auch eine bessere Rendite als aktive Anlagefonds.
- Der Ausbau des Internetbankings und die steigende Zahl von reinen Internetbanken führte dazu, dass die Kosten für Käufe und Verkäufe von Wertpapieren markant sanken. Dank Internetbanking können Anleger heute mit wenigen Klicks ihre Anlagen umschichten, ohne ihren Bankberater kontaktieren zu müssen.
- Im Internet finden sich heute viele Informationen zur Geldanlage allgemein, aber auch zu einzelnen Anlageprodukten. Die ETF lassen sich etwa bezüglich Kosten und Rendite miteinander vergleichen. Das erleichtert den Entscheid für ein bestimmtes Produkt.
Auch Finanzprofis fällen nicht immer die richtigen Entscheidungen
Wer sein Vermögen mit einer einfachen Anlagestrategie, günstigen ETF und über eine günstige Handelsplattform selbst verwaltet, zahlt insgesamt Gebühren von rund 0,5 Prozent pro Jahr. Ein Vermögensverwaltungsmandat bei einer Bank kostet schnell einmal 1,5 Prozent – und rechnet man alle versteckten Gebühren dazu, können es auch bis zu 3 oder mehr Prozent werden.
Die Banken rechtfertigen ihre Kosten damit, dass sie als professionelle Investoren die richtigen taktischen Anpassungen vornehmen. «Taktische Anpassungen» bedeutet etwa: vor einem Kurssturz an den Börsen den Aktienanteil zu senken und ihn vor dem nächsten Aufwärtstrend wieder zu erhöhen. Zumindest in der Theorie.
In der Praxis sieht das oft anders aus. Auch Banken gelingt es nicht immer, die richtigen Entscheidungen zu fällen. Manuel Rütsche, Anlagechef beim VZ Vermögenszentrum: «Praktische wie wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass taktische Anpassungen auch für einen professionellen Investor anspruchsvoll sind.» Viele Banken und Vermögensverwalter beschränken sich bei den taktischen Anpassungen deshalb auf kleine und kleinste Verschiebungen, wie sie sich im von der NZZ publizierten Anlagepanorama verfolgen lassen.
So finden Sie das passende Anlagemodell
Wer seine persönliche Anlagestrategie seriös herleitet und bereit ist, via E-Banking selbst in ETF zu investieren, kann sich die hohen Gebühren der Banken sparen und eine vergleichbare Rendite erzielen. K-Geld hat mit dem VZ Vermögenszentrum einen Fragebogen erarbeitet, mit dem sich die individuelle Anlagestrategie bestimmen lässt (siehe: Kgeld.ch/anlagestrategie).
Die Anlagestrategie ist die Basis jeder erfolgreichen Geldanlage. Sie ist dafür verantwortlich, ob der Anleger seine Ziele erreicht oder nicht. Es ist deshalb wichtig, die Fragen wahrheitsgetreu zu beantworten.
Die Antworten auf die Fragen im Fragebogen führen zu einem von sieben Anlegerprofilen. Die Tabelle im PDF zeigt, wie Anleger mit diesem Profil ihre Investitionen auf die verschiedenen Anlageklassen verteilen können.
Wichtig: Diese Aufteilung ist keine exakte Wissenschaft. Sie unterscheidet sich von Vermögensverwalter zu Vermögensverwalter und basiert auf deren Erfahrungen und grundlegenden finanztheoretischen Erkenntnissen.
Informationen zu den einzelnen Anlageklassen
Aktien: Aktien versprechen langfristig die höchste Rendite bei allerdings starken Kursschwankungen. Deshalb ist ein hoher Aktienanteil nur sinnvoll für Anleger mit entsprechender Risikotoleranz.
Obligationen: Obligationen sind Wertpapiere, die ein Darlehen verbriefen. Die Anleger leihen damit einem Unternehmen oder einem Staat für eine bestimmte Zeit Geld. Dafür bekommen sie jährlich den vereinbarten Zins und am Ende der Laufzeit den investierten Betrag zurück. Soll man bei den aktuell hohen Kursen und tiefen Zinsen überhaupt in Obligationen investieren? Viele Experten prognostizierten bereits vor Jahren falsch, dass die Zinsen wieder steigen. Hätte man schon damals auf die Investition in Obligationen verzichtet, hätte man Rendite verpasst. Zudem sind Investitionen in Obligationen sinnvoll wegen ihres Diversifikationseffekts.
Immobilien: Investitionen in Immobilien bringen zusätzliche Diversifikation und Ertragspotenzial.
Liquidität: Für Depotgebühren und Transaktionen im Zusammenhang mit einem Rebalancing benötigen Anleger etwas Geld auf dem Anlagekonto.
Bei der Umsetzung der Anlagestrategie sind zwei Punkte wichtig: Erstens wird ausschliesslich in günstige ETF und Indexfonds investiert (mehr Informationen siehe Kasten). Und zweitens werden die Investitionen übers E-Banking einer Bank mit möglichst tiefen Transaktions- und Depotgebühren erledigt (K-Geld 2/2020).
In der Tabelle «Anlegerprofil 5» sieht man exemplarisch, dass man innerhalb einer bestimmten Anlageklasse wie Aktien Schweiz mehrere Indizes wählen kann. Die Investition in mehrere Indizes pro Anlageklasse hat einen zusätzlichen Diversifikationseffekt, mit lediglich neun ETF respektive Indexfonds bleibt die Anlagestrategie aber kompakt und überschaubar. «Für eine erfolgreiche Anlagelösung benötigt man keine komplexen und teuren Anlageprodukte», sagt Manuel Rütsche vom VZ.
Selbstverständlich kann man weiter vereinfachen und beispielsweise bei Aktien Schweiz den gesamten Anteil in einen ETF auf den Swiss Performance Index (SPI) investieren. Umgekehrt kann man beispielsweise auch bei den Obligationen in zusätzliche Indizes investieren und die Produktgewichtungen damit reduzieren.
Auch bei Kursstürzen sollte man seiner Anlagestrategie treu bleiben
Nach der Investition folgt der anspruchsvolle Schritt: nichts tun. Auch wenn die Aktienkurse beispielsweise stark fallen, sollte man nicht eingreifen und überstürzt Aktien verkaufen. Sonst verlässt man seine Anlagestrategie mit der passenden prozentualen Aufteilung der Anlageklassen. Was auch immer an den Märkten passiert, sollte einen nicht dazu verleiten, die Strategie anzupassen.
Zu einer Abweichung von der Strategie kann es aber auch kommen, wenn man nichts tut. Wenn die Aktienkurse beispielsweise stark steigen und die Obligationenkurse sinken, steigt der prozentuale Aktienanteil zulasten des Obligationenanteils. Das führt dazu, dass die Gewichtungen der einzelnen Anlageklassen nicht mehr der Anlagestrategie entsprechen.
Hier kommt das sogenannte Rebalancing (Wiedereinpendeln) ins Spiel. Ist der Anteil der Aktien Schweiz wegen Kursgewinnen beispielsweise von 25 auf 30 Prozent an der gesamten Investition gestiegen, verkauft man so viele Titel, dass er wieder 25 Prozent beträgt. Den Ertrag investiert man in die Anlageklassen, deren Anteil unter den ursprünglich festgelegten Anteil gesunken ist. Das Rebalancing kann beispielsweise viertel- oder halbjährlich durchgeführt werden – aber nur, wenn die prozentuale Abweichung mindestens 10 oder gar 20 Prozent über oder unter der strategischen Gewichtung liegt. Im obigen Beispiel anstelle der ursprünglichen 25 Prozent Aktien Schweiz also über 27,5 oder unter 22,5 Prozent (10 Prozent mehr oder weniger als 25 Prozent). Wegen der Kauf- und Verkaufsgebühren lohnt sich ein Rebalancing bei geringen Abweichungen von der Strategie nicht.
Das Rebalancing hat noch einen weiteren positiven Effekt: Man verkauft Wertpapiere bei hohen Kursen und kauft bei tiefen Kursen.
Die persönliche Risikotoleranz kann sich ändern – etwa wenn man eine grössere Anschaffung plant. Es ist daher wichtig, den Fragebogen von Zeit zu Zeit erneut auszufüllen und die Strategie anzupassen.
ETF: Börsengehandelte Indexfonds verstehen
10x10.ch: Hier gibt es leicht verständliches Basiswissen.
Justetf.ch und Morningstar.ch: Auf diesen Plattformen können Sie ETF suchen und miteinander vergleichen.
Umfangreiche Informationen zu den ETF finden sich auch auf den Websites der Anbieter wie iShares, UBS usw.
Fragebogen zur Bestimmung der Anlagestrategie
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