Bisher galt: Wer seiner Deklarationspflicht nicht korrekt nachkam, erhielt die Verrechnungssteuer nicht zurück. Das Bundesgericht hat nun entschieden, dies sei zu stur und Ausnahmen seien möglich. Dies in einem Fall, in dem der Steuerpflichtige zwar eine unvollständige Steuererklärung eingereicht, aber noch vor der definitiven Veranlagung ergänzende Angaben gemacht hatte.
Die Steuerverwaltung hatte sich auf den Standpunkt gestellt, die Erstdeklaration hätte fehlerfrei sein müssen. Das Bundesgericht dagegen fand, eine Nachkorrektur müsse möglich sein, solange sie aus eigenem Antrieb und nicht durch eine Nachfrage der Steuerbehörden erfolgt sei (Urteil 2C_80/2012).
Aufgrund dieses Urteils hat die Eidgenössische Steuerverwaltung nun in einem neuen Kreisschreiben die Regeln angepasst. Darin hält sie fest, wann der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer verwirkt sei.
Keine Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs:
- Das verrechnungssteuerpflichtige Einkommen und das Vermögen, auf dem diese Einkünfte basieren, wurden korrekt deklariert.
- Eine allfällige Nachdeklaration erfolgte, bevor die Steuerveranlagung definitive Rechtskraft erlangt hat.
- Auch rein rechnerische Korrekturen von bereits deklarierten Erträgen führen nicht zu einer Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs auf den aufgerechneten Teilbetrag. Beispiele: Schreibfehler, statt der Bruttoerträge wurden die Nettobeträge ohne Verrechnungssteuer deklariert, Anpassung von nicht gerechtfertigten privaten Unkostenanteilen von Firmeninhabern, Bewertungsdifferenzen.
- Reicht jemand eine unvollständige Steuererklärung ein, so nimmt die Steuerbehörde auf die fehlenden Einkommens- und Vermögensteile eine Einschätzung nach Ermessen vor. Gegen diese Veranlagung kann man Einsprache erheben. Hat man damit Erfolg, hat man ebenfalls Anspruch auf die Rückerstattung der Verrechnungssteuer.
Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs:
- Die Nachdeklaration erfolgt erst nach Eintritt der Rechtskraft der ordentlichen Steuerveranlagung.
- Die Nachdeklaration erfolgt erst aufgrund einer Intervention der Steuerbehörden.
- Selbstanzeige durch die steuerpflichtige Person oder deren Erben betreffend bereits rechtskräftige Veranlagungen.
- Die steuerpflichtige Person hat gar keine Steuererklärung eingereicht.
Wichtig: Die Steuerbehörden haben keine gesetzgebende Funktion. Ihre Verfügungen können angefochten werden. Im Streitfall entscheiden dann die Gerichte.
Verrechnungssteuer: Achtung Verjährung
Auf Zinsen und Dividenden von Sparguthaben und schweizerischen Wertschriften nehmen die Banken einen Vorabzug in der Höhe von 35 Prozent vor. Dieses Geld geht an die Eidgenössische Steuerverwaltung. Der Bund sichert sich mit dieser Verrechnungssteuer seinen Steueranspruch. Wer sein Einkommen und sein Vermögen in der Steuererklärung korrekt deklariert, hat Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer.
Achtung: Bereits drei Jahre nach dem 31. Dezember des Jahres, in dem der Anspruch auf Rückerstattung entstanden ist, verjährt er bereits wieder. Die Forderung auf Rückerstattung muss also vor diesem Zeitpunkt eingereicht werden.