Anja Kehl (Name geändert) aus Wallbach AG hat eine 85-jährige Grossmutter. Diese will ihr Geld schenken. Die Enkelin befürchtet jedoch, dass sie dieses Geld zurückzahlen muss, falls ihre Grossmutter irgendwann ins Altersheim kommt.
Diese Angst ist verbreitet, wie regelmässige Anfragen bei K-Geld zeigen. Doch meistens haben die Beschenkten nichts zu befürchten. Reicht das Geld von Kehls Grossmutter im Altersheim nicht mehr aus, könnte sie Ergänzungsleistungen beantragen. AHV-Rentner haben Anspruch darauf, wenn die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen.
Die Ämter für Ergänzungsleistungen prüfen jedoch, ob die bedürftige Person grosse Beträge verschenkt hat. Ist das der Fall, wird das Geld in der Berechnung der Höhe der Ergänzungsleistung berücksichtigt, wie wenn es noch vorhanden wäre. Ab dem zweiten Jahr seit der Schenkung zieht das Amt für jedes vergangene Jahr 10000 Franken vom ursprünglichen Betrag ab.
Besteht wegen des Vermögensverzichts kein Anspruch mehr auf Ergänzungsleistungen, ist die Sozialhilfebehörde die nächste Anlaufstelle. Anspruch auf Sozialhilfe besteht auch dann, wenn man seine Bedürftigkeit selbst verschuldet hat.
Unterstützungspflicht nur für Leute mit hohem Einkommen
Das Sozialamt kann unter Umständen das ausbezahlte Geld von gutbetuchten Verwandten der Fürsorgegeldempfänger zurückholen. Denn das Zivilgesetzbuch sieht vor, dass sich Verwandte in ab- und aufsteigender Linie unterstützen müssen. Also Grosseltern, Eltern, Kinder und Enkel. Diese Beistandspflicht gilt aber nur, wenn die Verwandten «in günstigen Verhältnissen» leben. Was heisst das konkret? Laut Bundesgericht liegen erst dann günstige Verhältnisse vor, wenn eine «wohlhabende Lebensführung» möglich ist. Unterstützungspflichtige müssen also einen gehobenen Lebensstil pflegen können – und auch in der Lage sein, eine gute Altersvorsorge aufzubauen. Von überdurchschnittlich guten finanziellen Verhältnissen geht das Bundesgericht aus, wenn das Einkommen «deutlich» über 10 000 Franken pro Monat liegt.
Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) empfiehlt den Sozialämtern deshalb, die Unterstützungspflicht erst dann zu prüfen, wenn das Einkommen von Alleinstehenden 120000 Franken pro Jahr übersteigt, bei Verheirateten sind es 180000 Franken. Pro minderjähriges oder in Ausbildung befindliches Kind kommen 20000 Franken dazu.
Das Vermögen wird laut den Richtlinien der Konferenz für Sozialhilfe nur berücksichtigt, wenn es bei Alleinstehenden 250000 Franken und bei Verheirateten 500000 Franken überschreitet. Pro Kind kommen zusätzlich 40000 Franken hinzu. Die Lebenserwartung eines Unterstützungspflichtigen wird ebenfalls in die Rechnung einbezogen.