Sechs Kundinnen und Kunden zahlten mit Kreditkarte, 85 mit der Debitkarte Maestro und fünf mit der Debitkarte V-Pay: So sieht die Kartenabrechnung eines Coiffeursalons in Winterthur für den Monat August aus. Sie zeigt: Die Maestro-Karte dominiert bei elektronischen Zahlungen.
Das könnte sich aber bald ändern. Denn Maestro ist ein Auslaufmodell. Immer mehr Banken ersetzen die Maestro-Karte durch eine Debitkarte, die wie eine Kreditkarte auch den weltweiten Einkauf im Internet ermöglicht (K-Geld 1/2021). Zur Auswahl stehen die Debit Mastercard, als Nachfolgerin von Maestro, sowie die Visa Debit, als Nachfolgerin der wenig verbreiteten V-Pay-Karte.
Auffällig: Manche Banken, die bisher allein auf Maestro von Mastercard setzten, wechseln bei der neuen Debitkarte auf das Konkurrenzprodukt Visa Debit. Dazu gehören die Migros-Bank, die Bank Cler und die Kantonalbanken von Basel, Basellandschaft, Luzern und Zug.
Weshalb ersetzen diese Banken die Maestro-Karte nicht mit der Debit Mastercard? Eine mögliche Antwort lieferte kürzlich Preisüberwacher Stefan Meierhans. Er traf mit der in der Schweiz dominanten Zahlungsdienstleisterin Worldline (ehemals Six Payment Services) eine einvernehmliche Regelung und machte diese öffentlich. Demnach liegen die Standardgebühren der Händler für die Debit Mastercard bei 10 Rappen plus 0,49 Prozent des Kaufbetrags, mit einer Obergrenze bei 2 Franken pro Transaktion. Bei der Visa Debit liegen die entsprechenden Sätze bei 10 Rappen plus 0,95 Prozent, gedeckelt bei Fr. 3.50.
Für Transaktionen mit der neuen Debitkarte von Visa müssen die Unternehmen also viel höhere Gebühren zahlen als bei der Debit Mastercard. Dieses Geld kassiert Worldline ein, zieht die eigene Kommission ab und leitet dann die sogenannte Interchange Fee an die Banken weiter. Wordline Sprecherin Susanne Stöger sagt: «Wesentlicher Treiber hinter den Gebühren ist die Interchange Fee. Und diese ist bei Visa höher als bei Mastercard.»
Die höheren Gebühren wollen sich viele Kleinunternehmer nicht bieten lassen. So können etwa Kunden in einem Kinderfachgeschäft in Zürich Aktionsware nur in bar, mit Maestro oder mit der Postcard bezahlen. Auch Irene Brönnimann wollte ein Zeichen setzen. Ihr Dermakosmetik-Institut Aurea in Wila ZH gibt an Kundinnen, die Kosmetikprodukte mit den neuen Debitkarten zahlen, keine Treueprämie mehr ab. Und fragt man Brönnimann, mit welcher Karte man zahlen soll, rät sie zu Maestro – oder zumindest zur Debit Mastercard.
Mehrere Banken weisen den Vorwurf zurück, dass sie auf die Visa Debit setzen, weil diese ihnen höhere Gebührenerträge beschert. Bei der Migros-Bank etwa heisst es ausweichend: «Beim Entscheid spielten verschiedene Kriterien eine Rolle.» Auch die Luzerner Kantonalbank will sich nicht in die Karten blicken lassen und schreibt, sie habe sich «aus verschiedenen Gründen» für die Visa Debit entschieden. Zudem habe man die Karte ausgewählt, bevor die höheren Händlerkommissionen bekannt geworden seien. Die Bank Cler und die Basler Kantonalbank behaupten, der Wechsel sei wegen der höheren Akzeptanz der Visa Debit bei den Händlern erfolgt. Gemäss der unabhängigen Publikation «Nilson Report» liegt die Zahl der Akzeptanzstellen bei Visa Debit und Debit Mastercard aber gleichauf: bei je 70 Millionen.
Der Wechsel des Zahlungsdienstleisters bringt Händlern nichts
Der Sprecher der Luzerner Kantonalbank Daniel von Arx weist darauf hin, dass die Zahlungsdienstleisterin Worldline in der Schweiz kein Monopol besitze. Händler könnten auch auf die zweitgrösste Zahlungsdienstleisterin Nets (ehemals Concardis) ausweichen. Es ist aber fraglich, ob das an den hohen Händlergebühren für Visa-Debit-Karten viel ändert. K-Geld liegt nämlich ein Nets-Vertrag mit einem Händler von Ende Januar vor. Ein Blick darauf zeigt: Wenn Kunden mit der Visa Debit statt der Debit Mastercard zahlen, kostet das Händler rund doppelt so viel. Nets-Sprecher Christian Drixler versichert, das ändere sich nun. Nets habe auf Anfang September ein neues Tarifmodell eingeführt, bei dem die Gebühren für beide Karten gleich hoch seien. Dieses werde nun in Etappen umgesetzt.
Ob Worldline oder Nets: Viele Händler müssen für die neuen Debitkarten von Visa und Mastercard klar tiefer in die Tasche greifen als für die bisherige Maestro-Karte. Die höheren Gebühren für die neuen Karten werden früher oder später auch die Konsumenten zu spüren bekommen. Spätestens, wenn die Händler ihre höheren Kosten auf die Preise überwälzen.