Visum gegen Gemälde mit Pferd
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K-Geld 03/2016
25.05.2016
Christina Schott, Korrespondentin in Jakarta, Indonesien
Meine erste Begegnung mit der indonesischen Bürokratie hatte ich bei der Verlängerung meines Besuchervisums. In der Einwanderungsbehörde Zentraljakartas warteten einige Indonesier schon morgens vor einem Schalter mit der Aufschrift «Alien Passports». Jeder hatte einen Stapel ausländischer Pässe dabei. Es waren bezahlte Agenten, die gegen ein saftiges Honorar lästige Behördengänge übernehmen.
Meine erste Begegnung mit der indonesischen Bürokratie hatte ich bei der Verlängerung meines Besuchervisums. In der Einwanderungsbehörde Zentraljakartas warteten einige Indonesier schon morgens vor einem Schalter mit der Aufschrift «Alien Passports». Jeder hatte einen Stapel ausländischer Pässe dabei. Es waren bezahlte Agenten, die gegen ein saftiges Honorar lästige Behördengänge übernehmen.
Ich wollte das allein schaffen – und war somit die einzige Ausländerin im Warteraum. Beim Sortieren fiel einem der Agenten eine Banknote aus einem Pass. Er schob sie schnell wieder hinein. In meinem Pass steckte kein Geldschein. Als der Beamte mich am Nachmittag endlich aufrief, bemängelte er die falsche Hintergrundfarbe meines Passfotos: weiss statt rot. Zähneknirschend fuhr ich zum nächsten Fotoladen. Kurz vor Feierabend bekam ich den Verlängerungsstempel doch noch.
Als ich später eine Arbeitsgenehmigung beantragte, reichte Geduld allein nicht mehr aus. Nach unzähligen Behördengängen forderte mich ein Beamter auf, einen Agenten zu nehmen. Ich gab nach. Zwei Wochen später erhielt ich meine Papiere. Ich habe nie erfahren, wie viel von den umgerechnet 550 Franken, die ich ihm gezahlt habe, in andere Taschen geflossen sind.
In der indonesischen Provinz geht es auf den Ämtern noch absurder zu: In Semarang kam eine amerikanische Studentin einen Tag zu spät zur Visumsverlängerung. Der Beamte wollte ein Auge zudrücken – wenn die ausgebildete Tänzerin dafür bei einer privaten Familienfeier auftreten würde. Sie stimmte zu. Nachdem sie den Stempel erhalten hatte, änderte sie sofort ihre Handynummer. Wenig später reiste sie aus. Ein italienischer Künstler kam nicht so einfach davon: Er musste ein Gemälde abliefern. Also porträtierte er den Beamten als Ritter auf einem sich aufbäumenden Pferd. Der Beamte fühlte sich durch den «Ritterschlag» wohl so geehrt, dass er die Dollarscheine unter den Hufen des Pferdes glatt übersah.
Inzwischen sind die Prozesse transparenter – und die Gelegenheiten für Bestechungen somit geringer. Doch einfacher sind Behördengänge deswegen nicht. Viele greifen daher aus Mangel an Zeit weiterhin auf Agenten zurück. Sie warten täglich vor dem Amt – direkt unter warnenden Schildern mit Aufschriften wie «Vermeiden Sie Agenten! Seien Sie geduldig! Sie bekommen Ihren Pass!»