Im Dezember 2016 war Andreas Winterhalder aus Sisseln AG in Ägypten: Badeferien in El Quseir am Roten Meer waren auf dem Programm. Doch die Ferienfreuden wurden bald getrübt: Schon am zweiten Tag bekam er einen schweren grippalen Infekt mit stark erhöhtem Blutdruck. Der aufgebotene Arzt aus der Region kostete 830 Franken.
In Sachen Ferienversicherung hatte Winterhalder alles richtig gemacht. Er wusste, dass seine Grundversicherung (bei der Assura) im Ausland nur das Doppelte dessen zahlt, was die Behandlung in der Schweiz gekostet hätte. Er hatte auch gelesen, dass dies in Ägypten vielleicht nicht reichen würde. Deshalb hatte Winterhalder bei der Atupri eine Ferien- und Reiseversicherung für die Dauer von 15 Tagen abgeschlossen.
Reisepolice zahlt nur, was Grundversicherung nicht übernimmt
Auf der Atupri-Website steht, mit dieser Reiseversicherung könne man «ganz entspannt» die Ferien geniessen. Denn man sei damit auch im Ausland «optimal versichert» und müsse sich wegen Arzt- oder Spitalrechnungen keine Sorgen machen. Nur wer auf der Atupri-Website ganz genau hinschaut und sich durchklickt, stösst vielleicht auf diesen Satz: «Wir übernehmen all Ihre Heilungskosten im Ausland, die durch die Grundversicherung nicht gedeckt sind – weltweit und ohne Begrenzung.»
Genau diese Einschränkung («... die durch die Grundversicherung nicht gedeckt sind ...») wurde Winterhalder zum Verhängnis. Denn die 830 Franken waren über seine Grundversicherung bei der Assura gedeckt – und dort fielen sie unter seine 2500-Franken-Franchise. Also zahlt ihm die Assura nichts, und die Reiseversicherung der Atupri auch nicht. «Ich fühle mich verschaukelt», sagt Winterhalder.
Diesen Umstand mit der Einschränkung dürften nur die wenigsten Ferienreisenden kennen. Zudem werden sie von einigen Krankenkassen nicht deutlich darauf hingewiesen. Im Gegenteil: Die Sanitas zum Beispiel erwähnt diese wichtige Einschränkung nur gerade versteckt im Kleingedruckten. Auf der Website hingegen ist nur vollmundig von der «vollen Kostendeckung», von einer «umfassenden Versicherung» und von «weltweit unbegrenzten Leistungen» die Rede.
Besser macht es zum Beispiel die Visana. In den Werbeunterlagen zur Ferienversicherung liest man mit der gebotenen Deutlichkeit: «Vacanza übernimmt bei medizinischen Notfällen weltweit die Gesundheitskosten, welche Ihre Grundversicherung übersteigen.»
Fazit: Reiseversicherungen der Krankenkassen sind nicht «umfassend». Auch im Ausland fallen Heilungskosten zunächst unter Franchise und Selbstbehalt der Grundversicherung. Zusatzversicherungen zahlen nur das, was den Anteil der Grundversicherung übersteigt. Franchisen und Selbstbehalte werden von diesen Zusätzen ebenfalls nicht übernommen.
Das gilt übrigens für beide Arten von Reiseversicherungen der Krankenkassen:
Viele Versicherte haben bei einer Krankenkasse eine ganzjährige Zusatzversicherung, die ein ganzes Paket von Leistungen umfasst – auch hohe Arzt- und Spitalkosten im Ausland. Beispiele: Helsana (Top und Completa), Visana (Ambulant II), KPT (Krankenpflege- Plus) oder Swica (Completa Top).
Wer keine solche ganzjährige Zusatzversicherung hat, kann bei etlichen Krankenkassen eine temporäre Reiseversicherung für wenige Wochen abschliessen. Zwei Wochen zum Beispiel kosten für eine Einzelperson 25, für Familien rund 60 Franken. Es findet keine Gesundheitsprüfung statt. Aber auch hier gilt: Bezahlt wird nur, was nicht unter die Grundversicherung fällt.