Mit der Pensionierung sinkt in der Regel das Einkommen deutlich. Das kann dazu führen, dass die Bank nicht mehr bereit ist, die Hypothek für das selbstgenutzte Wohneigentum nach Ablauf zu erneuern. Grund: Die Tragbarkeitsrechnung der Bank wird mit den tieferen Einkünften nicht mehr erfüllt. Für diese Rechnung geht die Bank von einem Zinssatz von 4,5 oder 5 Prozent aus. Dazu addiert sie Unterhaltskosten für die Liegenschaft und allfällige Amortisationen. Die Summe darf bei vielen Banken nicht mehr als einen Drittel des Einkommens ausmachen.
Im Pensionsalter kann es auch aus anderen Gründen zu einem finanziellen Engpass kommen – sei es, weil das Ersparte aufgebraucht ist und die Rente kaum zum Leben reicht oder weil grössere Ausgaben oder hohe Pflegekosten anfallen. Um zu Geld zu kommen, könnten betroffene Wohneigentümer ihr Stockwerkeigentum oder Einfamilienhaus verkaufen. Viele Besitzer möchten aber einen Verkauf vermeiden oder hinausschieben. Helfen kann dann eine Umkehrhypothek, auch Immorente genannt.
Bei einer Umkehrhypothek stockt die Bank die bestehende Hypothek auf. Voraussetzung für die Krediterhöhung ist bei allen Banken eine tiefe Belehnung der Liegenschaft. Nach der Aufstockung der Hypothek darf die Belehnung – je nach Bank – 50 Prozent oder zwei Drittel des Liegenschaftswerts nicht überschreiten. Beispiel: Eine Liegenschaft hat einen Marktwert von 1 Million Franken. Die Belehnung beträgt 25 Prozent, die Hypothek also 250000 Franken. Mit einer Umkehrhypothek kann der Bankkredit auf 500000 Franken erhöht werden, was einer Belehnung von 50 Prozent entspricht (siehe Tabelle «Rechenbeispiel» im PDF). Vom zusätzlichen Kredit von 250000 Franken ziehen die Banken in der Regel die zu zahlenden Zinsen für die ganze Laufzeit der Hypothek gleich am Anfang ab. Der Restbetrag gelangt zur Auszahlung an den Kunden – entweder als Gesamtbetrag oder als regelmässige Rente. Bei einer 10-jährigen Festhypothek mit einem Zins von 1,12 Prozent erhält der Kreditnehmer in diesem Beispiel 222000 Franken zu seiner freien Verfügung. Damit kann er die Rente aufbessern oder nötige Investitionen in die Liegenschaft tätigen.
Es gibt nur wenige Banken, die solche Hypothekarprodukte anbieten. Dazu gehören etwa die Credit Suisse, die Basellandschaftliche und die Thurgauer Kantonalbank sowie das VZ Vermögenszentrum (siehe Tabelle «Banken» im PDF). Raiffeisen bietet «individuelle Lösungen» an, die ähnlich funktionieren. Dasselbe gilt für die Zürcher Kantonalbank.
Beim VZ Vermögenszentrum beträgt die Mindestlaufzeit für eine Umkehrhypothek 10 Jahre. Bei den anderen Instituten sind auch kürzere Laufzeiten möglich. Die Bank Sparhafen bietet ihr Produkt «Hypothek 50+» schon für Wohneigentümer ab 50 Jahren an. Alle anderen Banken setzen ein höheres Alter voraus, etwa ab dem Bezug einer Altersrente (ab 58) oder das ordentliche Pensionsalter.
Wenig Spielraum für tieferen Zins
Wer eine Umkehrhypothek abschliesst, muss beim Zinssatz nicht mit einem Aufpreis rechnen. Allerdings gibt es wenig Spielraum, einen tieferen Zins zu bekommen. Laut Adrian Wenger, Hypothekarexperte beim VZ, können Hypothekarnehmer davon ausgehen, dass die Banken die offiziell publizierten «Schaufensterpreise» offerieren.
Und was geschieht am Ende der Laufzeit einer Umkehrhypothek? Womöglich sind die Eigentümer dann bereit, ihre Liegenschaft zu verkaufen oder an ihre Kinder zu übergeben. Oder sie verlängern die Umkehrhypothek. Laut Adrian Wenger ist die Verlängerung beim VZ die häufigste Variante. Voraussetzung dafür ist aber, dass die maximale Belehnung auch mit einer neuen Erhöhung nicht überschritten wird. Diese Bedingung sei in den letzten Jahren selten ein Problem gewesen, sagt Wenger. «Wegen des steten Anstiegs der Immobilienpreise war eine weitere Aufstockung meist möglich.»