Das Schloss Mühlenhof in Wohlen AG bietet Mietern Büroräume für einen «Firmensitz mit einem Hauch von majestätischem Flair, inmitten der Metropolregion Zürich». Dorthin begibt sich 2022 Unternehmer Guido Sutter (Name geändert) aus Brusino Arsizio TI. Er hat einen Termin bei Nick Grossrieder, dem Chef der Onlinemarketing-Agentur Grossrieder & Partner GmbH. Sutter vereinbart mit ihm die Auffrischung seiner Firmenwebsite für 1500 Franken.
Als die Besprechung zur Website vorbei ist, gesellt sich Nick Grossrieders damaliger Geschäftspartner Sven Flöer dazu. Nun schwärmen beide Guido Sutter vor, wie lukrativ ein Investment bei der Firma Atomind sei. Diese gibt vor, bei diversen angesagten Internettechnologien heisse Eisen im Feuer zu haben: Auf der Website von Atomind geizt man nicht mit Schlagworten wie Artifical Intelligence, Metaverse, Digital Asset Management, Digital Wallet, Blockchain und NFT. In all diesen Bereichen hat Atomind angeblich mindestens ein Unternehmen.Grossrieder und Flöer behaupten gegenüber Sutter, ein Börsengang von Atomind am London Stock Exchange stehe kurz bevor.
Firmenkonstrukt mit Sitz in verschiedenen Steueroasen
Atomind hat ihren Sitz in Charlestown in der karibischen Steueroase St. Kitts und Nevis. Daneben gibt es einen Ableger namens Atomind LLC in der US-Steueroase Delaware. Die Grossrieder & Partner GmbH und die Zuger Firma Show Real AG (früher Atomind AG) gehören ebenfalls zur Atomind-Gruppe. Auf der Website von Atomind werden ein halbes Dutzend weitere Unternehmen gelistet, an denen man beteiligt sei.
Guido Sutter hat von Internettechnologien bisher keine grosse Ahnung, lässt sich aber von den zwei jungen Geschäftsleuten begeistern und beteiligt sich an Atomind LLC mit 15'680 Euro. Das Geld zahlt er an die Anderson David Ltd, eine Gesellschaft in London, die von Sven Flöer gegründet worden war. Bis heute sind auf deren Website falsche Telefonnummern zur Kontaktaufnahme angegeben. Man erreicht niemanden.
Sutters Geld wird aber nicht in Aktienanteile von Atomind LLC angelegt. Vielmehr erhält er für sein Geld 16'920 «Atomind (ATMD) Units». Das sind virtuelle Vermögenswerte, sogenannte Asset Tokens – also digitale Wertpapiere.
Nach diesem Investment wird Guido Sutter zu weiteren Verkaufsveranstaltungen eingeladen. Dort machen ihm Sven Flöer und der ebenfalls für die Atomind-Gruppe tätige Percy Oliver Müller unter anderem schmackhaft, für weitere 25'000 britische Pfund in die Firma Senfina zu investieren. Das sei ein verheissungsvolles Biotech-Startup und solle ebenfalls an die Londoner Börse gehen. Wieder soll das Geld über Anderson David laufen.
Gang an die Börse lässt auf sich warten
Sutter beteiligt sich nicht mehr. Denn der angeblich kurz bevorstehende Börsengang von Atomind lässt weiter auf sich warten. Immer wieder werden ihm andere Gründe genannt, warum es nicht klappe. Bis heute wartet Sutter auf den in Aussicht gestellten Börsengang. Und es ist unklar, ob er für seine Token jemals einen Käufer finden wird.
Nick Grossrieder sagt auf Anfrage von K-Geld, er sei weiterhin «überzeugter Token-Inhaber» von Atomind. Diese Möglichkeit habe er auch einigen seiner Familienmitglieder und Geschäftsfreunden unentgeltlich empfohlen. Sven Flöer antwortet, er habe sich inzwischen aus allen genannten Unternehmen zurückgezogen und mache zurzeit ein «Sabbatical». Und Atomind sagt, man prüfe einen Börsengang und befinde sich momentan in einer Restrukturierung.