In westlichen Ländern ist Japan für hohe Servicequalität und hochgerüstete Elektronik bekannt. Ich verrate Ihnen: Für Japans Banken gilt das nicht. Die sind frustrierend unbequem und hinken technisch hinterher. Neulich eröffnete ich in einer Filiale einer der drei grossen Banken ein Girokonto. Dazu muss man eine Wartenummer ziehen und viel Geduld mitbringen. In den Filialen waltet viel Bürokratie. Fast alle Angestellten sind Frauen, die eine Uniform aus Bluse, Rock, Kniestrümpfen und Sandalen tragen.
Endlich wird meine Nummer aufgerufen. Ich muss das Antragsformular in japanischen Schriftzeichen ausfüllen und darf dabei keinen Fehler machen. Mehrmals verschreibe ich mich – und muss dann wieder von vorne anfangen. Könnte man das Formular nicht am Bildschirm ausfüllen und ausdrucken? Nein, sagt die Frau, die Daten übertrage sie später selbst auf ihren PC. Aber könnte sie nicht für mich schreiben? Nein, das sei verboten. Nicht einmal Kästchen ankreuzen dürfe sie für mich.
Der miserable Service ist der Grund, warum Japaner zu den unzufriedensten Bankkunden weltweit gehören. Nur 22 Prozent machen laut World Retail Banking Report positive Erfahrungen mit ihrer Bank. In der Schweiz sind es immerhin 46 Prozent. Die Unzufriedenheit wird dadurch verstärkt, dass jeder Japaner im Durchschnitt Konten bei drei verschiedenen Banken hat. Denn viele Behörden und Firmen akzeptieren nur Überweisungen von einem Konto ihrer Hausbank. Damit wollen sie die Gebühren für den Transfer sparen. Das Mittagessen von Schulkindern zum Beispiel müssen die Eltern von einem Postbankkonto aus bezahlen.
Nach einer halben Stunde am Schalter erhalte ich mein Kontobuch. Mit der Kundenkarte, die mir mit der Post zugeschickt wird, kann ich die Geldautomaten der Bank benutzen. Hier erlebe ich endlich ein bisschen Hightech. So nimmt jeder Automat Münzen an. Das ist vor allem für Ladeninhaber praktisch, die ihre Tageseinnahmen einzahlen. Ist das Kontobuch voll, druckt die Maschine sofort ein neues aus. Aber aufgepasst: Abends und am Wochenende werden saftige Gebühren fällig. Und von Mitternacht bis 7 Uhr bleiben die Automaten gesperrt.
Meine Kundenkarte funktioniert übrigens bereits nicht mehr. Der Kontozugang ist blockiert, seitdem ich meine Geheimnummer am Automaten dreimal falsch eintippte. Aufheben lässt sich die Sperrung nur, wenn ich meine Filiale besuche und einen Antrag stelle.