Schweizerinnen und Schweizer geniessen bei ihren Steuerbehörden einen Vertrauensvorschuss: Sie deklarieren ihre Einkommen und Vermögen selbst und werden dann auf dieser Basis besteuert. Das gleiche Wohlwollen geniessen Ausländer, die schon mindestens fünf Jahre in der Schweiz leben und eine Niederlassungsbewilligung haben. Oder diejenigen, die mit einer Schweizerin beziehungsweise einem Schweizer verheiratet sind.
Quellensteuer wird auf den Bruttolohn fällig
Wer neu in die Schweiz einreist, um zu arbeiten, erhält zunächst eine Aufenthaltsbewilligung B. In diesem Fall zieht der jeweilige Arbeitgeber die geschuldete Steuer direkt vom Lohn ab und überweist den Betrag dem kantonalen Steueramt.
Jeder Kanton hat einen einheitlichen Tarif. Anders als bei der ordentlichen Besteuerung spielt der Steuerfuss der Wohnsitzgemeinde keine Rolle.
Und noch ein Unterschied zur normalen Besteuerung: Die Steuer wird nicht auf den Nettolohn fällig, sondern auf den Bruttolohn. Die üblichen Abzüge sind im Steuertarif bereits berücksichtigt. Zusätzliche Steuerabzüge sind nicht erlaubt – mit Ausnahmen (siehe Unten).
Die zu bezahlenden Quellensteuern sind oft deutlich tiefer als die ordentliche Besteuerung. Ein ordentlich besteuerter Basler beispielsweise zahlt bei einem Bruttoeinkommen von 120000 Franken nach allen Pauschalabzügen 9,5 Prozent mehr als ein Quellenbesteuerter. In der Stadt Zürich sind es gar 23 Prozent mehr (siehe Tabelle im PDF). Nur in sehr steuergünstigen Gemeinden (etwa Kilchberg ZH) kann der ordentliche Steuerbetrag ausnahmsweise tiefer ausfallen als die entsprechende Quellensteuer.
Auf das Jahr 2021 soll die Quellensteuerordnung in der ganzen Schweiz so angepasst werden, dass der Unterschied zwischen beiden Besteuerungsarten möglichst verschwindet.
In einigen Fällen ist eine nachträgliche Veranlagung möglich
Die Quellensteuer hat für die Betroffenen allerdings nicht nur Vorteile: Wer überdurchschnittlich hohe Steuerabzüge vornehmen könnte, zahlt möglicherweise deutlich mehr als bei ordentlicher Besteuerung. So zum Beispiel Renzo Caroni aus Ostermundigen BE (Name geändert). Der geschiedene Vater mit italienischem Pass zahlt für seine Kinder Alimente. Doch die Quellensteuer erlaubt keinen zusätzlichen Abzug für diese Unterhaltsbeiträge. Trotzdem muss sie seine geschiedene Frau als Einkommen versteuern. Ein Fall von doppelter Besteuerung.
Die Kantone wissen, dass dies eigentlich nicht geht. Sie schufen darum die Möglichkeit einer nachträglichen ordentlichen Besteuerung. Sie gilt schon ab dem ersten Jahr der Beschäftigung in der Schweiz. Dank dieser Regelung dürfen Quellenbesteuerte ausserordentliche Abzüge doch noch geltend machen. So etwa für Einlagen in die Säule 3a oder für freiwillige Einzahlungen in die Pensionskasse. Oder eben – wie im Fall Caroni – wenn sie Alimente zahlen müssen (siehe Unten). Wer das will, muss eine nachträgliche Veranlagung verlangen. Der Nachteil aus Sicht der Betroffenen: Wer das macht, wird für sein gesamtes Einkommen und Vermögen ordentlich besteuert. «Im Einzelfall kann es sein, dass man besser auf einen möglichen Abzug verzichtet, weil man mit der Quellensteuer unter dem Strich besser fährt als mit der ordentlichen Steuer», sagt Steuerexperte Bernhard Madörin von der Artax Fide Consult AG in Basel.
Wer einmal ordentlich besteuert wurde, der bleibt es für sein ganzes Leben – auch wenn er nur über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Zwar muss er nach wie vor die Quellensteuer zahlen, doch zusätzlich kommt es immer zu einer nachträglichen ordentlichen Besteuerung. Die Differenz wird – je nach Resultat – nachverlangt oder zurückvergütet.
Das Gleiche gilt in den meisten Kantonen ab dem ersten Jahr für ausländische Angestellte, die brutto mehr als 120000 Franken pro Jahr verdienen oder eine Liegenschaft in der Schweiz besitzen.
Auch Quellenbesteuerte dürfen höhere Abzüge vornehmen
Der Quellensteuertarif berücksichtigt bereits alle üblichen Abzüge. Wer aber Anspruch auf spezielle oder besonders hohe Abzüge hat, kann eine nachträgliche ordentliche Besteuerung verlangen. Dies ist schon ab dem ersten Jahr der Beschäftigung in der Schweiz möglich.
Das ist allerdings nur für eine beschränkte Liste von Abzügen zulässig, wobei die Anforderungen von Kanton zu Kanton leicht variieren. Das sind die möglichen Abzüge:
- Einzahlungen in die Säule 3a
- Freiwilliger Einkauf in die 2. Säule
- Kosten für Weiterbildung und Umschulung
- Zusatzkosten als Wochenaufenthalter
- Überdurchschnittliche Fahrkosten für den Arbeitsweg
- Kosten für die Fremdbetreuung der Kinder
- Unterstützungsbeiträge anNahestehende
- Unterhaltsbeiträge oder Alimente
- Krankheits- oder Unfallkosten
- Gemeinnützige Zuwendungen
- Behinderungsbedingte Kosten
- Abzug für Schuldzinsen
Wichtig: Den Antrag muss man in den meisten Kantonen spätestens bis zum 31. März des Folgejahres einreichen. Und: Ausländer, die in der Schweiz arbeiten, aber im Ausland wohnen, haben keinen Anspruch auf eine nachträgliche Veranlagung.