Jürg Wolfer (Name geändert) wohnt in einem Dorf im Mittelland, ist 68-jährig und geschieden. Er lebt allein in seinem Haus, das er vor 40 Jahren bauen liess. Der Rentner möchte das Haus seinem Sohn schenken. Der soll auch die laufende Hypothek von 250 000 Franken übernehmen. Wolfer will aber so lange im Haus wohnen, wie es seine Gesundheit zulässt.
Dieses Ziel erreicht er, wenn er das Haus zwar an den Sohn überschreibt, sich aber ein Wohnrecht sichert. Es wird im Grundbuch eingetragen und gibt ihm die Möglichkeit, bis zu seinem Tod in seinem Haus zu wohnen.
Wolfer bezieht AHV- und Pensionskassenrenten von insgesamt 3600 Franken pro Monat. Vermögen hat er ausser seinem Haus keines. Das Einkommen würde nicht reichen, falls er einmal ins Pflegeheim eintreten müsste. Die Heimkosten betragen über 6000 Franken pro Monat. Wolfer wäre deshalb auf Ergänzungsleistungen (EL) angewiesen.
Bei der Berechnung der EL würde neben dem Einkommen auch noch das Vermögen berücksichtigt. Dazu zählt auch ein verschenktes Haus. Denn es wird bei der Berechnung der EL als Vermögen behandelt, wie wenn es noch im Eigentum des Schenkers wäre.
Von diesem verschenkten Vermögen werden aber die Gegenleistungen des Beschenkten abgezogen. Hat Wolfer weiterhin ein Wohnrecht, ist das Haus weniger wert. In seinem Fall beträgt der Wert des Wohnrechts 344992 Franken (siehe Kasten «Den Wert des Wohnrechts berechnen»).
Wolfers Haus hat einen Verkehrswert von 700000 Franken. Das für die EL relevante Vermögen beträgt nach Abzug der vom Sohn übernommenen Hypothek 450000 Franken, nach Abzug des Wohnrechts noch 105008 Franken (siehe Tabelle unten). Vom so errechneten Vermögen zieht man bei der Berechnung der EL bei alleinstehenden Personen wie Wolfer einen Freibetrag von 37500 Franken ab. Das ergibt ein Vermögen von 412500 Franken ohne Wohnrecht und 67508 Franken mit Wohnrecht.
Das verbleibende Vermögen wird bei der EL-Berechnung beim Einkommen berücksichtigt. Denn nach Gesetz muss der EL-Bezüger einen Teil seines Vermögens für den Lebensunterhalt verbrauchen. Pro Jahr wird bei einem AHV-Rentner 10 Prozent des Vermögens dem Einkommen zugeschlagen. Wenn jemand im Heim lebt, sind es sogar 20 Prozent.
Ein Vermögensverzicht wie etwa eine Schenkung wird bei der Berechnung der EL immer miteinbezogen. Allerdings nicht vollumfänglich: Ab dem zweiten Jahr nach der Schenkung werden jährlich 10000 Franken abgezogen. Denn das Gesetz geht davon aus, dass ein Rentner jährlich diese Summe von seinem Ersparten verbrauchen würde. Für Wolfer hat das zur Folge, dass er sich acht Jahre nach der Schenkung kein Vermögen mehr anrechnen lassen müsste, wenn er das Haus mit Wohnrecht an seinen Sohn überträgt.
Den Wert des Wohnrechts berechnen
Der Wert des Wohnrechts wird von der zuständigen AHV-Stelle nach folgender Formel berechnet: Wert Wohnrecht = Nettojahresmietwert x Kapitalisierungsfaktor
Berechnung Nettojahresmietwert
Bei dem im Artikel erwähnten Haus von Jürg Wolfer beträgt die Marktmiete 24000 Franken pro Jahr. Davon sind die Kosten für den Gebäudeunterhalt abzuziehen. Der Abzug beträgt in den meisten Kantonen bei einem Gebäudealter von über zehn Jahren pauschal 20 Prozent.
Marktmiete pro Jahr (in Fr.) 24000
Pauschalabzug Gebäudeunterhalt –4800
Nettojahresmietwert 19 200
Berechnung Kapitalisierungsfaktor
Wolfer ist 68 Jahre alt. Die Jahresrente für einen Mann in diesem Alter beträgt Fr. 56.29 gemäss der Tabelle zur Umrechnung von Kapitalleistungen in lebenslängliche Leibrenten (siehe unter Estv.admin.ch ! Direkte Bundessteuer ! Tarife ! Leibrente ab 2005).
Kapitalisierungsfaktor 1000 Franken : Fr. 56.29 = 17.76
Berechnung Wert des Wohnrechts
Nettojahresmietwert (19200 Franken) x Kapitalisierungsfaktor (17.76) = 344 992 Franken