Vor kurzem bin ich von einer mehrtägigen Reise ins Hochland von Kenia zurückgekommen – eine abgelegene und zum Teil noch wilde Gegend. In den Nächten graste eine grosse Elefantenherde direkt vor meiner Hütte, tagsüber waren Zebras und Gazellen nie fern. Zum Zahlen meiner Rechnungen hatte ich Bargeld und mein Mobiltelefon dabei. Denn mobiles Bezahlen ist in Kenia so weit verbreitet wie in der Schweiz der Gebrauch von Maestro- und Kreditkarten sowie Banküberweisungen zusammen.
Überall in Kenia finden sich Agenten, die Bareinzahlungen entgegennehmen und Bares auszahlen. Als Agenten dienen etwa Tankstellen, Supermärkte oder Restaurants. Die Zahlungsabwicklung erfolgt durch SMS-Nachrichten zwischen Zahler und Empfänger.
Das mobile Zahlungssystem namens M-Pesa wurde 2007 vom Telekommunikationsunternehmen Safaricom entwickelt, einer Tochter des britischen Vodafone-Konzerns. M-Pesa entstand vor dem Hintergrund, dass die meisten Leute in Kenia ohne festen Vertrag arbeiten. Sie haben deshalb kein fixes Gehalt und auch kein Bankkonto. Das Einkommen reicht oft nicht zum Leben. Deshalb brauchen viele Leute regelmässig finanzielle Unterstützung – etwa von Verwandten. Bis 2007 musste dann irgendwie Bargeld von einem Ort zum andern gebracht werden, manchmal bis ins buchstäblich allerletzte Dorf. Da erstaunt es nicht, dass M-Pesa schnell zu einer Erfolgsgeschichte wurde. Heute benutzen laut einer Studie der kenianischen Zentralbank und der Finanzorganisation FSD Kenya 20 Millionen Kenianer M-Pesa oder vergleichbare Systeme. Das ist fast die Hälfte der Bevölkerung.
Ich bin immer wieder verblüfft, wie verbreitet das mobile Bezahlen ist. So war ich unlängst im Theater. Die Eintrittskarten konnte ich nur über M-Pesa zahlen. An der Kasse reichte es, das Handy mit der Kaufbestätigung zu zeigen, die ich per SMS erhalten hatte. Auch meine Miete und meine Stromrechnung zahle ich mobil, es geht gar nicht anders.
Bei mir hat es eine Weile gedauert, bis ich mich mit dem Zahlen per SMS anfreunden konnte. Wenn ich ein paar Hundert Euro verschicken musste, rechnete ich mit dem Verlust des Betrags. Aber nach einer Weile erkannte ich, wie unproblematisch das mobile Bezahlen ist. Ein deutscher Bekannter in Kenia erzählte mir, dass er bei seinem letzten Deutschlandbesuch in alter Gewohnheit nur mit Schlüssel und Telefon aus dem Haus gegangen war. Er geriet in eine peinliche Situation, weil er in einem Café seine Rechnung nicht mit dem Handy zahlen konnte.