«Warum muss ich unsere Ferienwohnung im Wallis auch in meiner Steuererklärung im Kanton Zürich aufführen?», fragt sich Werner Küttiger aus Winterthur (Name geändert). «Ich versteuere sie ja bereits im Wallis!»
Die Antwort ist klar: Eine Doppelbesteuerung findet nicht statt. Aber Zweitwohnungen in einem anderen Kanton haben sehr wohl Auswirkungen auf die Gesamtsteuerrechnung.
Als Basis für den Steuersatz dient das Gesamteinkommen
An seinem Hauptwohnsitz in Winterthur versteuert Küttiger sein gesamtes Einkommen und Vermögen. Die Ausnahme: Allfällige Mieterträge und den Eigenmietwert sowie den Vermögenswert ausserkantonaler oder ausländischer Liegenschaften müssen Eigentümer am betreffenden Ort beziehungsweise im betreffenden Land versteuern.
Diese Einkommen und Vermögen haben Auswirkungen auf die Steuerrechnung am Hauptwohnsitz. Denn als Basis für den Steuersatz dienen dort das Gesamteinkommen und das Gesamtvermögen.
Die Idee dahinter: Jeder soll aufgrund seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden. Und die ist bei jemandem mit ausserkantonalem Liegenschaftsbesitz höher als bei jemandem mit gleichem Einkommen ohne Zweitwohnung. Entsprechend gilt für ihn die Steuerprogression auf das Gesamteinkommen und nicht nur auf sein Einkommen am Hauptwohnsitz.
Beispiel: In Winterthur muss Küttiger 150000 Franken Einkommen inklusive Eigenmietwert für sein Reihenhaus versteuern. In Verbier VS kommen noch einmal 20000 Franken aus Mietertrag oder Eigenmietwert hinzu. Getrennt betrachtet müsste Küttiger in Winterthur dafür 26436 Franken bezahlen (verheiratet, Bund, Kanton, Gemeinde, ohne Kirchensteuer). In Verbier kämen nur noch 44 Franken hinzu.
Nun wird aber in beiden Kantonen sein gesamtes steuerbares Einkommen von 170000 Franken als Basis für den Steuersatz genommen. In Winterthur bezahlt Küttiger darum 29100 Franken (Steuer auf 150000 Franken Einkommen zum Satz von 170000 Franken). In Verbier beläuft sich die Steuerrechnung auf zusätzlich 4400 Franken (Steuer auf 20000 Franken zum Steuersatz von 170000 Franken).
Resultat: Werner Küttiger bezahlt aufgrund der höheren Progressionsfaktoren insgesamt 33500 Franken Steuern – und das sind 7020 Franken mehr, als wenn er seine beiden Einkommen separat in beiden Kantonen versteuern dürfte.
Amtliche Steuerwerte: Von Kanton zu Kanton unterschiedlich
Wer Liegenschaften in mehreren Kantonen besitzt, kann es sich einfach machen: Es genügt, die Steuererklärung am Hauptwohnsitz auszufüllen und eine Kopie an die Gemeinde des Zweitwohnsitzes zu senden. Die Steuerbehörden teilen die Steuereinnahmen dann selbständig untereinander auf.
Wie das geschieht, ist allerdings kompliziert, denn der Steuerwert einer Liegenschaft unterscheidet sich von Kanton zu Kanton. Die kantonalen Steuerbehörden haben sich darum auf Umrechnungsfaktoren – die sogenannten Repartitionswerte bzw. faktoren − geeinigt, die als Berechnungsbasis dienen (Kreisschreiben 22 vom 21.11.2006).
Dieser Korrekturfaktor führt zu kantonalen Zu- oder Abschlägen beim Steuerwert. So wird eine Zweitliegenschaft im Wallis zuerst mit dem Faktor 145 multipliziert und dann am Hauptwohnsitz im Kanton Zürich durch 90 dividiert. Aus Sicht des Kantons Zürich ist eine Liegenschaft im Wallis mit einem dortigen Steuerwert von 400000 Franken im Kanton Zürich also 644444 Franken wert (400000 x 145 : 90). Das hat starke Auswirkungen auf Vermögens- und Einkommenssteuer (steuerpflichtiger Eigenmietwert oder Mietertrag).
Zudem werden auf dieser Basis auch die Hypothekarschulden aufgeteilt. Es nützt also nichts, seine Hypothek auf die Liegenschaft im Kanton mit der höheren Steuerbelastung aufzunehmen, um vom stärkeren Progressionseffekt zu profitieren. Steuerlich wird die Hypothek aufgeteilt, als wäre sie entsprechend den so ermittelten Steuerwerten aufgenommen worden.
Bei Liegenschaften im Ausland machen es sich die Steuerbehörden dagegen einfacher: Sie akzeptieren als Steuerwert normalerweise einen deklarierten Wert von 70 Prozent des aktuellen Verkehrswerts.