«Die Versicherung endet mit Bezug einer AHV-Rente»: Diesen Satz aus seinen Versicherungsbedingungen kennt Alois Suter aus Steinen SZ inzwischen auswendig. Denn er wurde ihm zum Verhängnis.
Suter hatte rund ein Jahr vor seinem 65. Geburtstag einen Unfall erlitten und war arbeitsunfähig geworden. In der Folge überwies ihm die Concordia das versicherte Taggeld von 40 Franken pro Tag. Seit dem 1. März 2014 hat der Mann aber keinen Anspruch mehr, obwohl er immer noch arbeitsunfähig ist. Denn seither bezieht er seine AHV-Rente.
Leistungszusage im Kleingedruckten ausgehebelt
Zwar hatte Alois Suter bei seinem Taggeld eine «Leistungsdauer» von 730 Tagen versichert. So war es vorne gross gedruckt auf der Police zu lesen, so stand es auf jeder Prämienrechnung – dennoch erhielt er sein Taggeld nur rund 360 Tage lang. Eben nur bis zum AHV-Bezug.
Nun könnte man argumentieren: Ungewöhnliche Versicherungsklauseln sind für Konsumenten nicht gültig. Der Versicherte muss nicht damit rechnen, dass eine klar formulierte Leistungszusage im Kleingedruckten quasi durch das Hintertürchen wieder ausgehebelt wird. Doch die Concordia sieht das nicht so: Sie sagt, ihre Rechtsabteilung habe in diesem Fall «keine Aussergewöhnlichkeit» feststellen können.
Pikant ist allerdings: Das Verhalten der Concordia selber zeigt, dass die Bestimmung für ihre eigenen Angestellten doch ungewöhnlich ist. Denn sie übersahen den 65. Geburtstag des Mannes und schickten ihm das Taggeld noch weiter. Wie auch die Prämienrechnungen. Als sie den Fehler nach drei Monaten bemerkten, forderten sie die angeblich zu Unrecht bezogenen Taggelder zurück.
Diese Rückforderung hat Suter inzwischen gezahlt, weil er eine Betreibung durch die Versicherung fürchtete. Damit wird vorerst kein Richter klären müssen, ob die Concordia-Klausel rechtlich gesehen korrekt ist.
Fest steht aber: Die Concordia steht mit ihrer «Schlussklausel» nicht alleine da, wie eine Umfrage von K-Geld bei den Anbietern von Einzeltaggeldern für Krankheit und Unfall ergab. Allerdings kommt es auf die Formulierung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) an.
- Bei vielen Versicherern erlischt das Taggeld bei Erreichen des AHV-Alters. Oder nach Erreichen des 65. Altersjahres. Nach diesem Datum gibt es nichts mehr. Das bedeutet übrigens auch: Sollte eine betroffene Person den Bezug der AHV-Rente aufschieben, so würde sie trotzdem keine weiteren Taggelder mehr erhalten. Denn sie hat jetzt das gesetzliche AHV-Alter bzw. Alter 65 erreicht. Anders übrigens bei der Concordia im vorliegenden Fall: Sie stoppte ja die Zahlungen gemäss AVB beim «Bezug» der AHV-Rente, und die Concordia hat denn auch bestätigt: «Falls Alois Suter den Bezug der AHV-Rente um ein Jahr aufgeschoben hätte, würde die Concordia das versicherte Taggeld bei weiterhin ausgewiesener Arbeitsunfähigkeit ein Jahr lang weiterzahlen.»
Es gibt aber auch positive Beispiele von Versicherern, die 65-jährige arbeitsunfähige Leistungsbezüger nicht im Regen stehen lassen:
- Die Basler Versicherung sagt, sie zahle in solchen Fällen das Einzeltaggeld bis zum Ablauf der maximalen Bezugsdauer.
- Die Axa Winterthur schickt noch maximal 180 Taggelder, sofern im Vertrag die maximale Leistungsdauer von 730 Tagen abgemacht ist.
- Die Atupri überweist ebenfalls noch 180 Taggelder; hier muss der Versicherte aber nachweisen können, dass er einen Verdienstausfall hat, dass er also immer noch beschäftigt wäre, wenn er gesund wäre.