Die Küche ist schon weg
Gastro-Kritik von Andrin C. Willi
Inhalt
saldo 16/2006
11.10.2006
In New York kann, wer will, um 16 Uhr frühstücken. In der Schweiz wird es schon schwierig, nach 14 Uhr ein warmes Mittagessen zu bekommen. «Die Küche ist schon weg», heisst es achselzuckend, oder «warme Küche nur bis 14 Uhr». Als Gast verabschiedet man sich in solchen Fällen enttäuscht und hungrig - oder nimmt mit einem laschen Salamibrot oder einem welken Salat vorlieb.
Am Abend sieht es nicht besser aus. Ab 22 Uhr bleibt die Küche in vielen Restaurants ebenfalls kalt....
In New York kann, wer will, um 16 Uhr frühstücken. In der Schweiz wird es schon schwierig, nach 14 Uhr ein warmes Mittagessen zu bekommen. «Die Küche ist schon weg», heisst es achselzuckend, oder «warme Küche nur bis 14 Uhr». Als Gast verabschiedet man sich in solchen Fällen enttäuscht und hungrig - oder nimmt mit einem laschen Salamibrot oder einem welken Salat vorlieb.
Am Abend sieht es nicht besser aus. Ab 22 Uhr bleibt die Küche in vielen Restaurants ebenfalls kalt. Einen Käseteller könne man schon noch haben, bekommt der Gast dann zu hören. Nein, danke!
Dabei wäre eine ganztägige abwechslungsreiche Küche ein Gebot der Zeit. Denn unsere Essgewohnheiten sind im Wandel. Über Mittag essen wir weniger und leichter, dafür ein Häppchen zwischendurch. Und: Immer häufiger gibts abends eine richtige Mahlzeit.
Doch die Gastronomie reagiert nur äusserst zaghaft auf diese Veränderungen. In den Städten sind die Ausweichmöglichkeiten zwar grösser. Dort gibt es zum Beispiel Sushi-Bars, die ihre Röllchen von morgens bis spät in die Nacht verkaufen. Aber landeinwärts sieht es schnell duster aus. Gepflegte Zwischenmahlzeiten zu einem vernünftigen Preis sind offenbar ein Fremdwort für viele eingesessene Gastronomen.
Mit diesen kundenfeindlichen Küchen-«Öffnungszeiten» lassen sich die Restaurateure ein schönes Geschäft durch die Lappen gehen. Folge: Die Gäste weichen aus und besorgen sich ihre Zwischenmahlzeit anderswo, seis an einer Essbude oder an der Tankstelle.
Unsere Gastronomen lamentieren lieber, als selber Ideen zu entwickeln. Andere sind da innovativer. Das zeigt das Beispiel Döner Kebab. Erfunden wurde der Döner vor knapp 20 Jahren in Berlin. Und ist seither eine phänomenale gastronomische Erfolgsgeschichte. Marktleader ist in der Schweiz die Firma Ce De Royal Döner GmbH in Winterthur mit einem Marktanteil von 60 Prozent.
Sie verkaufte letztes Jahr 2700 Tonnen Döner.
Zum Vergleich: In ganz Deutschland wurden vor zehn Jahren erst rund 300 Tonnen Döner verkauft.
Die Gäste wollen ihre Essgewohnheiten heutzutage nicht mehr nach den Zimmerstunden der Köche richten. Wer das gemerkt hat, hat Erfolg. Wie zum Beispiel das Restaurant Vorderer Sternen in Zürich, wo man von 11.30 bis 23 Uhr durchgehend speisen kann. Zum Lokal gehört, ganz nebenbei gesagt, der wohl bekannteste Grill der Stadt. Dort gibt es dann die Bratwurst für zwischendurch. Zirka 800 Stück werden dort pro Tag verkauft - gutes Geschäftsmodell.